Heute ist zwar nicht mehr viel übrig vom Ruhm vergangener Tage. Dennoch: Jane prägten die deutsche Rock-Landschaft nachhaltig.
Hybris und Borniertheit, Streitigkeiten und Neid: Sogar in ihren erfolgreichsten Jahren Mitte der Siebziger beherrschten permanente in-terne Differenzen die Rockgruppe Jane. Obendrein waren die Hannoveraner trotz fabelhafter Verkaufsbilanzen und ausverkaufter Tourneen bei der Presse gänzlich verhasst. Berühmt wurde der vernichtende Satz der Rockjournaille „Sounds“ über das 1977er-Album BETWEEN HEAVEN AND HELL: „Genauso wenig wie eine Milliarde Fliegen aus Scheiße Schokolade ma-chen, werden mich 30.000 und mehr Jane-Plattenkäufer davon überzeugen, dass dieses eintönige und leicht größenwahnsinnige Getue interessante Musik ist.“
Hervorgegangen waren Jane Ende der Sechziger aus der Gruppe Justice Of Peace, kurz The JP’s. Nach einem Instrumentenwechsel ihrer beiden wichtigsten Protagonisten (Sänger Peter Panka übernahm das Schlagzeug, Bassist Klaus Hess fortan die Gitarre) wurde die Musikindustrie schnell auf Jane aufmerksam. Als eine der ersten Formationen unterschrieb die Band einen langfristigen Vertrag beim neu gegründeten „Brain“-Label, das sich gezielt auf die aufblühende deutsche Rockszene konzentrierte und mit Novalis, Grobschnitt oder den Scorpions weitere Zugpferde ins Programm nahm. Gleich mit ihrem 1972er-Debütalbum TOGETHER landeten Jane ein kleines Meisterwerk, doch aufgrund ständiger personeller und stilistischer Veränderungen griff ihr musikalisches Konzept erst ab den Alben LADY (1975) und FIRE, WATER, EARTH & AIR (1976), zwei Paradebeispielen für Orgel-getränkten Hard Rock. Anschließend formierte sich erst- und letztmalig ein über mehrere Jahre/Alben festes Line-up (Hess, Panka, Bassist Martin Hesse und Ex-Eloy-Organist Manfred Wieczorke), das im August 1976 in der Hannoveraner Niedersachsenhalle die Kultscheibe LIVE AT HOME aufnahm. Bis 1979 blieb diese Besetzung konstant, nach Wieczorkes Ausstieg und dem Einsetzen der Neuen Deutschen Welle zerfiel die Band Anfang der Achtziger.
Trotz des Todes ihrer Galionsfigur Peter Panka im Juni 2007 existieren noch heute drei unterschiedliche Besetzungen: Peter Panka’s Jane, Werner Nadolny’s Jane und Klaus Hess’ Mother Jane. Mit dem mystischen Flair der goldenen Siebziger haben diese Formationen allerdings nur wenig gemein.
Unverzichtbar
Fire, Water, Earth & Air
Brain/Metronome, 1976
Unbestritten der kreative Höhepunkt der Jane-Historie: Obwohl nur gerade mal 30 Minuten lang, überzeugt das Album mit einem in sich geschlossenen Konzept und ausgereiften Songs, die auch internationalen Maßstäben gerecht werden. Die melodisch-schwermütige Stimmung des Werks, die gekonnte Mischung aus Keyboard- und Gitarrenorgien in Verbindung mit feinen Gesangsmelodien ma-chen die Scheibe zu einem Hörgenuss. Dank der Mithilfe des Top-Produzenten Conny Plank, thematisch passenden Einspielungen von Wasser-, Luft- und Feuergeräuschen sowie des simplen, aber wirkungsvollen Artworks ist dies ihre homogenste Veröffentlichung.
Live At Home
Brain/Metronome, 1976
Diesen Tag werden eingefleischte Fans nie vergessen: 13.8. 1976, ein Freitag. Jane schaffen es, nahezu 3.000 Zuschauer in die Hannoveraner Niedersachsenhalle zu locken und ihnen das Beste ihrer fünf ersten Alben zu präsentieren. Trotz der eher simplen Strukturen ihrer Lieder erschafft die Band an diesem Abend ein Live-Dokument, das dank des atmosphärisch dichten Zusammenspiels der zweifellos besten aller Jane-Besetzungen (Hess, Panka, Hesse & Wieczorke) über vier LP-Seiten fasziniert. Höhepunkte: das 20-minütige ›Windows‹ mit seinem latenten Pink Floyd-Flair und eine mit Keyboards angereicherte Version von ›I Need You‹ (die auf JANE III noch ›Rest Of My Life‹ hieß).
Wunderbar
Together
Brain/Metronome, 1972
Auf ihrem Debüt sind Jane zwar noch spürbar in den (späten)Sechzigern behaftet, aber dank des furiosen Gitarren-Infernos ›Hangman‹, des zeitlosen Klassikers ›Daytime‹ und melancholischer Perlen wie ›Try To Find‹ schon auf die Siebziger gepolt. Als Sänger wird Bernd Pulst verpflichtet, der dem Album seine ganz eigene Note verpasst, aber anschließend wieder aussscheidet: Er stirbt im Februar 1973. Doch Jane werden bereits nach nur einer Veröffentlichung fester Bestandteil der deutschen Rockmusik-Szene, die sich gerade erst von den übermächtigen anglo-amerikanischen Vorbildern zu emanzipieren beginnt.
Here We Are
Brain/Metronome, 1973
Das Zweitwerk dokumentiert, dass Jane nun endgültig in den Siebzigern angekommen sind. Gitarrist Klaus Hess, nach dem Debüt im Streit gefeuert, kommt auf Forderung der Plattenfirma zurück, dafür fehlt ein Bassist. Also wechseln sich Hess und Wolfgang Krantz an Gitarre und Bass ab, den Gesang übernimmt Schlagzeuger Peter Panka, der dank des Jane-Vorläufers The JP’s bereits Erfahrungen als Lead-Vokalist hat. Das Ergebnis erinnert ein wenig an MEDDLE von Pink Floyd – schwere Orgelsounds und Heavy-Gitarren in Verbindung mit eingängigen Gesangsmelodien, die in ›Out In The Rain‹ kulminieren, dem Klassiker des Albums.
Lady
Brain/Metronome, 1975
Ein Paukenschlag nach dem eher schwachen Werk JANE III, das von schroffem Blues Rock geprägt ist. Die Songs von LADY stammen von Organist Gottfried Janko und Gitarrist Klaus Hess und begeistern mit wunderbaren Melodien, grandiosen Soli und einem Orgelschwall, der die Fans auf die Knie fallen lässt. Der Opener ›Waiting For The Sunshine‹: eine Heldentat; das treibende ›Music Ma- chine‹: ein echter Reißer; das sim-ple ›(Wishdream) Lady‹: ein Evergreen. Die Besetzung hält zwar nur kurz, doch haben Jane ihren Sound gefunden – eine Melange aus orgiastischer Gitarren/Orgel-Arbeit mit einfachen Arrangements und mystischem Flair.
Age Of Madness
Brain/Metronome, 1978
Nach dem überkandidelten und zu Recht kritisierten BETWEEN HEAVEN AND HELL lassen Peter Panka und Klaus Hess diesmal ihren Organisten Manfred Wieczorke verstärkt Einfluss auf das Songwriting nehmen. Wieczorke bedankt sich mit dem zweiteiligen Titelsong, der in punkto Mystik an die Glanzzeiten von TOGETHER (1972) und FIRE, WATER, EARTH & AIR (1976) anknüpft. Hinzu kommen die wundervoll melancholische Instrumentalnummer ›Meadows‹ und mit dem spröden ›Love Song‹ eine recht ungewöhnliche Single-Auskopplung. Insgesamt gilt: AGE OF MADNESS untermauert Janes Ruf als Meister des schwermütigen Hard Rock.
Anhörbar
Sign No. 9
Brain/Metronome, 1979
Vor allem Gitarrist Klaus Hess genießt Ende der Siebziger das süße Erfolgsleben und verbringt viel Zeit auf Ibiza. Darunter leidet die Motivation seiner Kollegen, zumal Organist Manfred Wieczorke die Gruppe verlassen hat, um Firehorse zu gründen. Bei der Veröffentlichung im Herbst 1979 dachten die meisten Fans wohl zunächst, die Band würde sich auf SIGN NO. 9 nur noch wiederholen, in der Retrospektive aber lassen sich mit Perlen wie ›That‘s The Way‹, ›Love On Earth‹ oder ›Henry Goes Married‹ wunderbare Melodic Rock-Tunes entdecken, bei denen sich vor allem der in der Kritik stehende Hess als versierter Instrumentalist und ideenreicher Komponist hervortut.
Jane (Maske)
Brain/Metronome, 1980
Auf ihrem zehnten Album präsentieren Jane erstmals seit dem Debüt wieder einen zusätzlichen Sänger: Gitarrist Klaus Hess hat aus Ibiza den Jugoslawen Pedja mit nach Deutschland gebracht. Die Fans reagieren zunächst verstört, denn die eigenwillige Stimme passt so gar nicht zu dem, was sie von Jane bis dato gewohnt sind. Dennoch gelingt der Band eine Weiterentwicklung ihres etablierten Sounds, weg von allzu ausladenden Orgel-Arien hin zu kürzeren, strafferen und rhythmisch va- riableren Songs. Höhepunkte des Albums: ›Stay With Me‹, ›New Man In Town‹, ›Stop The Clock‹, ›Dynamite‹ sowie die beiden kurzen Tracks ›Rockin‘‹ Around‹ und ›Out On The Streets‹.
Traces
cool & easy/soulfood, 2009
Das erste Album ohne den 2007 verstorbenen Peter Panka. Zur Besetzung gehören Bassist Charly Maucher und Keyboarder Wolfgang Krantz aus der 1972er-Erstbesetzung, Arndt Schulz, der Mitte der Siebziger bei den Jane-Ablegern Harlis aktiv war, Drummer Fritz Randow (Epitaph, Eloy) und Gitarrist Klaus Walz, der seit 1986 federführender Gitarrist der Band ist. Das Ergebnis klingt erstaunlich vital und frisch, schafft den Spagat zwischen neuen Spielweisen und Traditionellem mit stoisch-rockenden Midtempo-Nummern. Und: Erstmals seit dem Weggang von Manfred Wieczorke erhält ein Track (nämlich ›Before Long‹) wieder jenen Orgelsound, der die Gruppe groß gemacht hat.
Sonderbar
Resurrection
Decision, 1996
In den Jahren 1992-1998, als Jane den nach 1982 zweiten Tiefpunkt ihrer Karriere erleben und sich mit oft gruselig-schlechten Kon-zerten unterschiedlicher Besetzungen ihre Reputation versauen, geht auch auf Platte alles schief: RESURRECTION bietet lahmen Europop (teilweise mit Vocoder-Sounds) ohne die Schwermut früherer Tage, und das Frontcover (mit babyblauer Kuh) ist noch schrecklicher als das abstoßende Artwork von GERMANIA (1982). Auch die auf ultramodern getrimmte Produktion passt nicht zu den altbackenen Songs, denen jede Inspiration fehlt und die an Simplizität kaum noch zu unterbieten sind. Ein schauriges Zeugnis falscher Selbsteinschätzung.
Traumsampler
Here We Are
Here We Are
Waiting For
The Sunshine
Lady
Fire, Water, Earth & Air
Fire, Water, Earth & Air
Hangman
Together
Daytime
Together
Out In The Rain
Here We Are
(Wishdream) Lady
Lady
Way To Paradise
Jane III
I Need You
Live At Home
Windows
Live At Home
Age Of Madness (Part I)
Age Of Madness
Age Of Madness (Part II)
Age Of Madness
That’s The Way
Sign No. 9
Stay With Me
Jane (Maske)
Superman
Fire, Water, Earth & Air
Your Circle
Between Heaven & Hell