Jede Band funktioniere nach ihren eigenen Regeln, betont Poulsen. Da ist es nie leicht, einen Fremdling in solch ein intaktes Gefüge aufzunehmen. Bei Rob hat es gut geklappt, vielleicht wollte man das Glück also nicht überstrapazieren und gleich noch einen neuen Bassisten an Bord holen – zumal Rob auf dem Album auch in der Rolle des Bassers eine gute Figur macht. „Es muss jemand sein, der verdammt gut ist, der schon oft auf der Bühne stand, der kein Problem damit hat, oft und lange unterwegs zu sein und der vor allem bereit ist, zuhause große Opfer zu bringen“, umreißt Poulsen die Idealbesetzung für den nächsten Tieftöner. „Er sollte nicht zu sehr mit seinen eigenen Dämonen zu kämpfen haben. Wir alle haben unsere Dämonen, das ist ganz klar, doch wir sind mittlerweile zu alt, um unsere Zeit mit Kindergartenkram zu vergeuden. Im Grunde ist es leicht, in einer Band zu sein, allerdings fällt es vielen Menschen schwer, das auch zu akzeptieren.“
Dass plötzlich ein Amerikaner in der Band ist, stört beim Dänenverbund niemanden. „Wir alle sind zigfach um die ganze Welt getourt und dementsprechend kulturell offen und kosmopolitisch“, meldet sich auch Caggiano zu Wort. „Letzten Endes sprechen wir alle dieselbe Sprache – Rock’n’Roll. Da ist es doch völlig egal, woher man kommt.“ Diese Offenheit hat sich für Poulsen mehr als bezahlt gemacht. Für ihn ist SEAL THE DEAL & LET’S BOOGIE ein neuer Karrierezenit. „Dieses Album fühlt sich auch wirklich nach einem an – nach einem Album, dessen Songs eine Familie bilden“, gibt er stolz zu Protokoll. „Ich kann ehrlich sagen, dass jeder in der Band davon überzeugt ist, dass das unser bisher bestes Werk ist. Jeder hat noch mal ein paar Briketts nachgelegt und richtig Gas gegeben.“
Eine andere Wahl hätten Volbeat aber ohnehin nicht gehabt. Mit dem letzten Album sprengte man sich in die „Billboard“-Top-Ten und belegte in mehreren Ländern die Pole Position der Hitparade, erst letzten Sommer spielte man vor 37.000 Menschen in Odense. Neuer dänischer Rekord für eine Rockband. Sind das mehr als bloße Zahlen für den Sänger? Er überlegt: „Am Ende des Tages bedeuten sie nicht allzu viel, aber es wäre hirnrissig zu sagen, sie bedeuteten gar nichts. Letztlich stehen hinter diesen Zahlen ja Menschen, denen etwas an deiner Musik liegt.“ Eine ganze Menge Menschen, um es mal genau zu sagen. Die wollen natürlich auch zufriedengestellt werden. Caggiano schüttelt den Kopf. „Wir haben auch bei diesem Album wert darauf gelegt, etwas zu erschaffen, worauf wir stolz sein können. Druck gab es natürlich, aber wir ließen uns nicht von ihm beirren. Wir jagen nicht einer bestimmten Hit-Formel hinterher, wie es so viele andere Bands tun. Tut man so etwas, klingt man sehr schnell blass und flach.“
Volbeats Kapital ist natürlich, dass die Band von Anfang an auf Eingängigkeit gesetzt hat. Simple Songs zum Mitsingen, unverkennbar und auch ohne Sell-Out für eine relativ breite Masse gemacht. Das vorab veröffentlichte Stück ›The Devil’s Bleeding Crown‹ täuscht deswegen auch ein wenig. Er ist der härteste Song auf einem sonst durchaus auch mal poppigen Album mit Stadionrefrains und sehr markanten Melodien. Unterm Strich dennoch genau das, was man bei Volbeat erwartet und zusätzlich versüßt von den typisch ungewöhnlichen Gastsängern. Anstatt die ganz großen Namen zu verpflichten, um auf einen Radioerfolg zu hoffen, kommen Poulsen seither nur persönliche Favoriten ins Studio.
„Es gibt doch nichts Blöderes, als einen Gastsänger auf seinem Album zu haben, der einem nichts bedeutet“, greift er sich an den Kopf. „Bei Volbeat ging es immer schon darum, das zu tun, was für den Song am besten ist.“ Diesmal sind es also unter anderem Danko Jones und Johan Olsen von Dänemarks Magtens Korridorer. Letzterer war schon auf ›A Garden’s Tale‹ zu hören, ein großer Erfolg in Dänemark. „Mir war von Anfang an klar, dass ich eines Tages noch mal mit ihm singen möchte. Jetzt, genau zehn Jahre später, wurde es mit ›For Evigt‹ Wirklichkeit – eine schöne Art, dieses Jubiläum zu feiern.“ Rockstars hin oder her: Im Grunde sind Volbeat tief in ihrem Inneren eben immer noch ein Haufen Rock’n’Roll-Kids, die am liebsten mit ihren Freunden rumhängen. Und heute eben Edelmetall-Auszeichnungen zählen, anstatt Fußball-Bildchen auf dem Schulhof zu tauschen.
Tipp: Ab Oktober sind Volbeat in Deutschland unterwegs…