Schonungslos und berührend: Viv Albertines brillante Punkmemoiren.
„Sie hatte Angst, ging aber trotzdem hin“, dieser Spruch solle einmal auf ihrem Grabstein stehen, schreibt Viv Albertine. Es könnte das Motto ihres Lebens sein. Aufgewachsen in einfachen Verhältnissen im Norden Londons beschließt Albertine, Popmusikerin zu werden, als sie im Radio die Beatles hört: „Ich habe den Sinn des Lebens entdeckt, verborgen zwischen den Rillen einer flachen, schwarzen Plastikscheibe.“ Als sie ihrem jähzornigen Vater davon erzählt, meint der, sie sei nicht „schick genug“, um Musikerin zu werden. Denn das wird von Mädchen damals erwartet, in den 60ern: nett auszusehen. Und echte Bands sind ohnehin was für Jungs. Frauen sind entweder Backgroundsängerinnen oder Groupies. Albertine rebelliert dagegen, lernt Gitarre zu spielen, überwindet ihre Angst, nicht gut genug zu sein, von männlichen Kollegen nicht ernst genommen zu werden – und steigt Ende der 70er mit den Slits, einer reinen Frauenband, in die erste Liga der britischen Punkszene auf. Mick Jones, Johnny Rotten, Sid Vicious, Malcolm McLaren, Vivienne Westwood – mit ihnen hängt sie ab. Aber das ist nur der eine Teil der Geschichte. Nach dem Ende der Slits fällt Albertine in eine künstlerische Krise, durchleidet mehrere Fehlgeburten, besiegt eine Krebserkrankung. Doch sie gibt nie auf, kämpft sich immer wieder zurück. Heute ist sie Mutter einer Tochter und als Solomusikerin unterwegs. Von all dem erzählt Albertine in ihren Memoiren auf ungeschönte, berührende und – vor allem sich selbst gegenüber – schonungslose Art und Weise.
A Typical Girl
VON VIV ALBERTINE
Surhrkamp
8/10