Drama und Bon Scott gingen einfach Hand in Hand in dieser endlosen Achterbahnfahrt, die sein Leben war. Nach Aufenthalten in einer Besserungsanstalt für Jugendliche spielte er Schlagzeug in Pub-Bands, stieg dann zur zweiten Stimme der Valentines auf und schließlich zum haarigen Frontmann bei Fraternity. Jeder hat eine andere Erinnerung.
Graham „Buzz“ Bidstrup von The Angels traf Bon erstmals 1972. „Er war ein langhaariger Hippie, der auf einer Blockflöte spielte“, erinnert er sich. „Er wohnte oben in den Hügeln, nahm magic mushrooms und rauchte Gras. Ich erinnere mich nicht, dass er jemals ein Schlägertyp war.“
Als Bon 1974 zu AC/DC stieß, war er jedoch praktisch am Ende und erholte sich noch von einem furchtbaren Motorradunfall – er war betrunken in ein entgegenkommendes Auto gefahren –, der ihn drei Tage ins Koma befördert und praktisch jeden wichtigen Knochen in seinem Körper gebrochen hatte. Er lebte davon, Seepocken von Booten zu kratzen, und schlief bei einem Freund auf der Couch.
Drei Jahre später galt er als der ultimative harte Kerl, der Aussie-König des geradlinigen Rock’n’Roll. „Alkohol, Drogen und willige Frauen – das ist alles sehr gut für Körper und Seele“, prahlte er vor einem Interviewer. Doch hinter der faustschwingenden, tatöwierten Fassade mit der Zahnlücke verbarg sich ein 31-Jähriger, der versuchte, mit seinem Leben klarzukommen – und auch mit den seltsamen, unerwarteten Orten, an die es ihn geführt hatte.
Als ich in den späten 70ern mit Thin Lizzy arbeitete, begegnete ich zwei Versionen von Bon Scott. Da war der Typ, der anbot, jedem in der Bar des Marquee einen Drink auszugeben, und sich dann hinsetzte, um uns mit den urkomischen Geschichten aus seiner Vergangenheit zu unterhalten. „Mein Leben ist wie eine Klobrille, Alter“, sagte er einmal zu uns. „Auf und ab!“ Gefolgt von einem Lachen so schmutzig wie ein Abflussrohr.
Und dann gab es da noch den anderen Bon, den ich tagsüber traf und der in der Wohnung seiner On-off-Freundin Silver in der Londoner Gloucester Road abhing. Er war ruhig, bot höflich an, Tee zu kochen, drehte einen Joint und ließ dich chillen und dein eigenes Level finden.
Wie Mark Evans heute sagt, hatte Bon Scott „überall Bekannte, aber sehr wenige Freunde“. Das galt offenbar auch für seine AC/DC-Bandkollegen, von denen sich Bon schon zu entfernen begann, als LTBR im Juni 1977 in Großbritannien erschien. Während die Brüder ihn hinter seinem Rücken als „den alten Mann“ bezeichneten, verbrachte der Sänger auf Tour seine Zeit am liebsten mit sich selbst.
„Die Young-Brüder liebten Bon, das steht außer Frage“, sagt Browning. „Aber Bon hielt immer noch an dem Hippie-Ding fest, Gras zu rauchen, Pillen einzuwerfen und all das Zeug. Weißt du, für die Young-Brüder war Dope tabu. Sie hassten es, Zeit mit Menschen zu verbringen, die stoned oder so waren. Mit Alkohol war das anders, das war kein Problem. Aber jeder, der stoned war … Bon muss sich unwohl in so einer Umgebung gefühlt haben. Das war eben sein Trip. Er zog los und machte all diese Sachen. Sie akzeptierten es ohne Widerrede. Er lebte und reiste eben in einer anderen Welt als sie.“
Und das manchmal im wahrsten Sinne des Wortes. Als AC/DC im Juli 1977 zum ersten Mal in den USA auf Tour gingen, hatte Bon sich angewöhnt, mit der Vorgruppe zu reisen. „Wir eröffneten ein paar Shows für sie, als sie nach Texas kamen, und Bon überraschte uns, indem er zu allen Shows in unserem Bus mitfuhr,“ erinnert sich Y&T-Sänger/Gitarrist Dave Meniketti. „Ich glaube, er dachte wohl, unser Bus war einfach … cooler.“
„Das wurde zur Normalität“, sagt Ian Jeffery. „Eine halbe Stunde vor dem Auftritt fragte sich jeder, wo zum Teufel Bon steckte. Dann tauchte er plötzlich mit zehn seiner neuen besten Freunde auf, und alle wedelten mit Whiskyflaschen und rauchten Joints.“
Laut Mark Evans fühlte Bon sich auf Tournee isoliert. „Wir hatten alle diese Momente, wo wir uns fragten, was zur Hölle mach ich hier eigentlich, weißt du? Aber Bon war zu diesem Zeitpunkt bereits zehn Jahre auf Tour gewesen. Selbst mit dem Erfolg, den wir alle kommen fühlten, wurde es für ihn wohl immer anstrengender.“