Malcolm und Angus waren nicht die einzigen Mitglieder der Young-Familie, die vom Streit mit Atlantic beflügelt wurden. Die Aufgabe der Band, es ihrem internationalen Label zu zeigen, wurde von ihrem älteren Bruder George in nicht unwesentlichem Maße unterstützt, der damals als Hausproduzent bei AC/DCs australischem Label Albert Productions arbeitete, zusammen mit seinem Songwriting-Partner und einstigen Easybeats-Kollegen Harry Vanda.
„George war sogar noch erheblich entschlossener als Malcolm und Angus, die Amerikaner zu widerlegen“, sagt Evans. „Und ich denke, das ist ihnen auch gelungen.“
Und wie. Vom Klang des Whisky saufenden Bon, der das Intro anzählt, zum breitbeinigen Opener ›Go Down‹ – einem Lied über eine Freundin namens Ruby (für Ruby Lips, obwohl sie tatsächlich Wendy hieß), die für ihre Leidenschaft in Sachen „lickin on that lickin stick“ bekannt war – bis zum aufgedrehten Finale ›Whole Lotta Rosie‹ über eine andere Freundin, die sich ihrerseits am „lickin stick“ des Sängers delektierte (der laut der Zeile „weighing in at 19 stone“ immerhin 120 kg auf die Waage brachte), gab es auf den acht Tracks mit über 40 Minuten Laufzeit auf LET THERE BE ROCK absolut keine Atempause.
Es klang genau nach dem, was es war. Schnell geschrieben und aufgenommen, bevor der Vibe sich verflüchtigen konnte, war es voller Blut und Spucke und Wut und Lass-uns-ficken-Spaß, angetrieben von billigem Speed und kaltem Bier, aufgefüllt mit teurem Whisky und mindestens einer Million Zigaretten, die teilweise recht „eigenartig“ rochen. Falls Atlantic in Amerika wirklich etwas erwartet hatte, das mehr auf das lauwarme Radiogedudel des 70er-Mainstreams abzielte, stand ihnen ein echter Schock bevor.
Selbst wenn die Band bei der Entstehung des Albums nicht so wütend gewesen wäre, ist es wohl sehr unwahrscheinlich, dass AC/DC mit mehr Sorgfalt an LET THERE BE ROCK herangegangen wären. „Alle Alben, die ich mit ihnen machte, entstanden in zwei Wochen“, sagt Mark Evans. „Die Lieder wurden grundsätzlich im Studio geschrieben, Demos machten wir nie.“
Wo die drei vorangegangenen Alben – HIGH VOLTAGE, T.N.T. und DIRTY DEEDS DONE DIRT CHEAP – immer mehr Brillanz zeigten, war LET THERE BE ROCK die Platte, auf der AC/DC endlich ihren Platz gefunden hatten – nicht zuletzt auf dem Titelstück, einer aufrichtigen Ode an den ursprünglichen, Kein-Scheiß-Rock’n’Roll, dem wohl schnellsten, unwiderstehlich mattenschüttelnden Brocken hochoktanigen Lärms, der jemals auf damals noch armes, schwaches Vinyl gepresst worden war. Dazu wurde ›Hell Aint A Bad Place To Be‹ noch AC/DCs eigenes ›Brown Sugar‹.
„Wenn du Purist bist und es magst, wenn die Gitarren perfekt gestimmt sind und alles komplett studiosteril klingt, wird dich dieses Lied umbringen“, sagt Mark Evans über letzteres Stück, „denn die Gitarren sind total neben der Spur. Aber es hat einfach diesen fiesen, rohen Klang, der es sofort als AC/DC erkennbar macht.“
Tatsächlich klingt das ganze Album so, als würde es gleich in einer Feedback-Wand verschwinden. Es wurde live in einem Raum aufgenommen. Fehler wurden toleriert, wenn der Vibe stark genug war, und die Energie knistert hörbar aus den Boxen bei Tracks wie ›Overdose‹ oder ›Bad Boy Boogie‹.