Mike Love. Leadsänger und Mitbegründer der Beach Boys. Eine Rock’n’Roll-Legende. Seit 60 Jahren ununter-brochen aktiv. Und noch immer on the road. Doch sein Name ist nicht unbedingt Programm: Love galt lange als streitbar. Bei einigen Beach-Boys-Fans war der Sänger als „Bad Boy“ verschrien, der „nur“ Songtexte schrieb, während sein Cousin Brian Wilson den Soundtrack für Generationen komponierte und dafür alle Lorbeeren (und Tantiemen!) einheimste. „Für diejenigen, die Brian für Jesus halten“, sagt Mike, „werde ich immer der Antichrist bleiben. Viele vergessen, dass ich jahrelang brutal abgezockt wurde.“ Nach diversen Gerichtsstreits mit Brian Wilson konnte sich Leadsänger Love letztlich die Rechte am Bandnamen sichern. Er hält die Band am Leben – aber eben leider ohne Brian. Nach der Corona-Zwangspause ist der topfitte 81-Jährige mit seiner Gute-Laune-Truppe, in der auch sein Sohn Christian spielt, endlich wieder auf Tour.
Mr. Love, direkt gefragt: Wie haben Sie mit mittlerweile 80+ die Pandemie erlebt und gemeistert?
Es war wie für die meisten keine gute Zeit. Wir hatten 2020/21 so viele Auftritte geplant, die alle abgesagt werden mussten. Ich ließ mich mit Moderna impfen, wurde dann positiv getestet und nur drei Tage später war der Test negativ. Ich habe mich jedenfalls in Selbstquarantäne begeben, in meinem Haus in den Bergen über dem Lake Tahoe. Dort lebe ich mit meiner Familie schon seit 40 Jahren. Ich habe täglich meditiert und viel Yoga gemacht. Das hilft immer.
Meditation scheint neben der Musik Ihr ganz großes Thema zu sein!
Ja! Transzendentale Meditation hat mich früher von harten Drogen abgehalten und mir so wahrscheinlich das Leben gerettet. Der Maharishi Mahesh Yogi wurde mein Lehrmeister, mein Guru. Er hat mich gelehrt, zu relaxen und mich gut zu fühlen, ohne Drogen und Alkohol. Meditation ist der deutlich bessere Lifestyle und hat mein Leben grundlegend verändert, seit ich im Dezember 1967 in Paris den Maharishi kennengelernt hatte und durch ihn zum ersten Mal mit transzendentaler Meditation und Yoga in Berührung kam. Ich ziehe das bis heute durch und es tut mir gut. Ich bin 81 und fühle mich topfit.
Stimmt es, dass Sie die Krisenzeit sogar musikalisch verewigt haben?
Ja, Corona hat mich zu einem Song inspiriert. Einem, der Mut machen soll. Er heißt ›This Too Shall Pass‹ (etwa: „Auch das wird vor- übergehen“). Aufgenommen haben wir die Nummer per Computer in unseren jeweiligen Homestudios in Tahoe, Las Vegas, Nashville und Santa Barbara, wo mein Sohn Christian lebt. Schlagzeug spielt mein Freund John Stamos, der Schauspieler, der ja seit Langem auch Gastmusiker bei den Beach Boys ist. Das Ergebnis kann sich hören lassen, und es dient einem guten Zweck: die Einnahmen spenden wir der Organisation Feeding America [vergleichbar mit den „Tafeln“ hierzulande; Anm. d. Verf.].
Ihr Motto ist „Good Vibrations“. Wohl nicht immer einfach in diesen Zeiten …
Das stimmt, aber ich erlaube mir einen positiven Blick aufs Leben. Ich hoffe immer, dass am Ende alles gut wird. Und auch, dass der Krieg in der Ukraine ein baldiges Ende findet. Ich habe einen Song über die Situation geschrieben mit dem eindeutigen Titel ›Make Love Not War‹. Die Kriegstreiber sollten es mal mit Meditation versuchen. Ich hoffe jedenfalls auf Frieden.