Es ist die Deutschlandpremiere des Mannes, den die alternative Gegenbewegung zum formelhaften US-Radio-Country zu ihrer Galionsfigur erkoren hat. Nach dem Überraschungserfolg seines unorthodoxen Space-Americana-Albums METAMODERN SOUNDS IN COUNTRY MUSIC (2014) verbrachte der Sänger aus Kentucky praktisch ganz 2015 auf US-Tour. „Als unser Management fragte: ‚Habt ihr Lust auf zwei Wochen Europa‘ jammerte meine Band: ‚Wir brauchen Urlaub!’“ grinst er nun. „Echt jetzt! Die Jungs sind Anfang 20 und unverheiratet! Was hätte ich in dem Alter für so einen Trip gegeben! Jetzt bin ich, der 37 ist, Frau und Kind hat, alleine unterwegs!“ Nur seine Gitarre, nicht mal ein Tourmanager begleitet den späten Senkrechtstarter. „Der Vorteil ist: Ich kann auf diesen Soloshows spielen, was ich hören will, denn meine eigenen Songs hängen mir nach zwei Jahren auf Tour zum Hals raus!“ Zu zwei Dritteln seines Sets interpretiert Simpson daher klassische bis obskure Cover: Die Stanley Brothers, Lefty Frizell, Jimmy Martin. Seine Fans, die sicher auf mehr seiner Songs hofften, sind dennoch happy. Eine Chance, den US-Star so hautnah zu erleben, wird es schließlich so schnell nicht wieder geben. Album drei steht für 2016 in den Startlöchern. Ein Top-5-Einstieg in den US-Charts scheint garantiert, mindestens. Dass er den Titelsong der neuen HBO-Serie „Vinyl“ zugesprochen bekam, verdankt Simpson wohl schon der neuen Marketing-Power. Auch die neue Platte wird mit den Regeln brechen, deutet Simpson zum Abschied an: „Im Sommer komme ich wieder“, verspricht er, „mit Band! Und mit Bläsern! In Nashville sagt man ja, Country und Bläser, das verträgt sich nicht. Aber Nashville kann mich mal!“
Sturgill Simpson: Hamburg, Prinzenbar (18.01.16)
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