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Status Quo: Helden wie wir

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Status Quo: Helden wie wir

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CRICKET-CLUB UND FERIENCAMP

Dulwich, London im Jahre 1963 des Herrn. Wetter und Essen sind schlecht wie eh und je auf der britischen Insel. Allerdings: Vier junge Kerle aus Liverpool, die gutsitzende Anzüge tragen, seltsame Frisuren promoten und sich die Beatles nennen, haben alles verändert. Wer einen Ausweg aus seiner persönlichen Misere sucht, wer etwas auf sich hält und glaubt, dass das eigene Leben aus mehr bestehen sollte als Schuften, Essen, Schlafen und Sterben, der gründet eine Band. Auch Francis Rossi und Alan Lancaster haben diesen Schritt 1962 vollzogen. Beide sind sie quasi noch Kinder und haben ihre Band auf den gefährlichen klingenden Namen The Scorpions getauft.

„Ich kann mich noch sehr, sehr gut an alles erinnern“, beginnt Rossi, Sohn eines italienischen Eisverkäufers und einer Irin, zu erzählen. „Unseren allerersten Gig hatten Alan und ich im Oktober 1962. Wir spielten in so einer Art Cricket-Club, und wir bekamen fünf Pfund Gage dafür, für uns damals ziemlich viel Geld. Unser Set dauerte fünfundzwanzig Minuten, und direkt im Anschluss sprach uns Pat Barlow an und fragte, ob er unser Manager sein könnte. Er unterhielt sich dann mit Alans Mom, und die entschied, dass es in Ordnung wäre. – Kannst du dir das vorstellen? Ich war dreizehn, und ich hatte einen eigenen Manager! Niemand sonst hatte das mit dreizehn! Und Barlow glaubte wirklich an uns.“

1963 stößt John Coghlan zu ihnen und ersetzt einen gewissen John Key an den Drums. Der Bandname wird von The Scorpions in The Spectres geändert. Zwei Jahre später begegnet ihnen Rick Parfitt, zu diesem Zeitpunkt Mitglied in einer Art Kabarett-Gruppe, die sich The Highlights nennt, aber genau das eben nicht ist. „Es war mein sechzehnter Geburtstag“, sagt Rossi. „Er kam plötzlich zur Tür rein, und wir hielten ihn zunächst für einen Angeber.“

„Wir schliefen am Strand, in Badewannen, bei irgendwelchen Girls.“

Eine ebenso schicksalshafte Begegnung wie die von Jagger und Richards – und Beginn einer Freundschaft, die genauso langlebig wie die der Glimmer Twins ist. Auch Parfitt erinnert sich an dieses erste Treffen genau: „Es war Mitte der 60er im Butlin’s Feriencamp in Minhead. Ich hatte dort ein Engagement mit einem Kabarett-Trio, das aus zwei Mädels und mir bestand. Eines Abends ging ich nach getaner Arbeit durch das Camp und hörte dort in einem anderen Saal diese Band spielen. Das waren Francis, Alan, John und Keyboarder Roy Lynes – die Spectres. Großartig! Coole Jungs, mit denen ich mich augenblicklich angefreundet habe.“

Ende selben Jahres beschließen Rossi und Parfitt, sich zusammenzutun. Doch noch ist Parfitt bei den Highlights unter Vertrag, und so dauert es anderthalb Jahre, ehe der blonde Jung-Gitarrero bei den Spectres einsteigen kann. „Ich hatte mich zwischenzeitlich mit Francis eng angefreundet, weil ich nächtelang mit ihm durch die Gegend gezogen war“, berichtet der 1948 in Woking, einer Kleinstadt im Südwesten Londons geborene Rhythmusgitarrist. „Sein Vermieter hatte ihn aus der Wohnung geschmissen, weil er ihn mit einem Mädchen im Bett erwischt hatte. Ich bot mich an, ihm Gesellschaft zu leisten, und wir schliefen am Strand, in Badewannen, bei irgendwelchen Girls … wie es gerade kam. Wir waren jung und ziemlich unbekümmert.“

„Irgendwann überwarf ich mich mit den Mädels von den Highlights, weil ich das Kabarett satt hatte. Ich wollte Rockstar werden. Aber das Feriencamp war irgendwann vorbei, ich verlor die Spectres aus den Augen und lieferte mit einem Brotwagen Teigwaren aus. Bis eines Tages dann aus heiterem Himmel der Anruf von ihrem Manager kam. Er fragte, ob ich in die Band einsteigen wollte, sie bräuchten einen weiteren Sänger. Mann, und ob ich wollte!“

NIEDERLAGEN UND ERSTE ERFOLGE

Aufgrund der Kontakte ihres Managers Pat Barlow haben die Spectres 1966 einen Plattenvertrag bei Piccadilly Records ergattert, einem Unterlabel von Pye. Doch keine der drei eingespielten Singles kommt in die Charts. Irgendetwas läuft schief, sehr schief, denn nahezu alle anderen um sie herum haben inzwischen Erfolg: The Who, die Small Faces, die Yardbirds, die Kinks … Nur für die Spectres kann sich leider niemand erwärmen. In einem TV-Interview mit der BBC erklärt Bassmann Alan Lancaster 1974 diese Phase der Erfolglosigkeit so: „Wir klangen einfach viel zu künstlich. Ständig wurde uns gesagt, was wir zu tun hätten. Aber das waren nicht wirklich wir. Es brauchte einige Zeit, um zu begreifen, dass Erfolg sich eben nicht erzwingen lässt. Dass die Dinge sich auf natürliche Art entwickeln müssen. Also warfen wir dieses falsche Image über Bord und benannten uns um. Der Name Status Quo bedeutet: Jetzt sind wir endlich wir selbst.“

Im Jahr 1967, kurz bevor Parfitt bei ihnen einsteigt, heißt die Gruppe allerdings noch Traffic, ein Name, der wegen der gleichnamigen Band um Steve Winwood kurz darauf zu Traffic Jam erweitert wird. Die unter diesem Signet aufgenommene Single ›Almost But Not Quite There‹ ist jedoch ein weiterer Flop. Als Parfitt endlich hinzustößt, wird er Mitglied einer höchst erfolglosen Band. Um sich über Wasser zu halten, nehmen die Freunde nebenbei Jobs an. Harte Zeiten im Swinging London. Zudem schreitet die Entwicklung der Popmusik in rasanten Schritten voran. Pink Floyd um den versponnenen Syd Barrett sind die angesagte Combo der Stunde, in den USA haben die Doors und Jefferson Airplane Zeichen gesetzt, und hüben wie drüben zieht Jimi Hendrix mit seinen extrovertierten Gitarrenkünsten junge Menschen in seinen Bann. Und da schließlich geschieht es.

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„Ich wollte einen neuen Song komponieren, in der Art von ›Hey Joe‹“, blickt Rossi zurück. „Heraus kam ›Pictures Of Matchstick Man‹. Wir packten diesen Wah-Wah-Effekt auf die Orgel und nahmen es binnen vier Stunden auf. Jeder dachte plötzlich, wir wären eine amerikanische Band.“

Die Nummer erreicht Platz 7 der britischen Charts. Rückblickend wichtiger ist jedoch der Umstand, dass sich die Band (nachdem man zunächst The Muhammed Alis favorisierte) mittlerweile in The Status Quo umbenannt hat. Auch in den USA kommt ›Pictures Of Matchstick Man‹ auf den Markt und hinterlässt bleibenden Eindruck. (2012 taucht der Song gar an prominenter Stelle im Kinofilm MEN IN BLACK 3 auf, nämlich wenn die Agenten K und J die Factory von Andy Warhol betreten.) Der Durchbruch – endlich scheint er erreicht. Alsbald nimmt man die USA konkret ins Visier.

„Ich weiß gar nicht mehr, wann genau wir das erste Mal in den Staaten getourt sind“, versucht der Komponist des ersten Quo-Hits sich zu erinnern. „Als wir nach Los Angeles kamen, haute es uns um. Wir kamen aus dem dreckigen, dunklen Nachkriegsengland, und dort war alles hell und bunt! Alle waren freundlich zu einem. Man wurde mit ›Sir‹ angesprochen, ganz anders als zu Hause, wo alle immer notorisch unfreundlich waren. Und dann waren wir in diesem Hotelzimmer, in dem es sogar ein Telefon gab. Als es klingelte, starrten wir es alle aufgeregt an, wie eine Art Wunder. Und dann kamen wir zurück und waren pleite. Alles dort drüben war völlig korrupt. Man schlug uns einen US-Manager vor, aber ich sagte: ‚Fuck off! Kommt gar nicht Frage‘. Wie gesagt: Wir dachten, die Band würde nicht allzu lange bestehen. Also versuchten wir, uns auf England und Europa zu konzentrieren.“

Doch auch dort lässt der Erfolg zu wünschen übrig. Zwar erreicht die Nachfolge-Singe ›Ice In The Sun‹ immerhin noch Platz 8 der UK-Charts, geht im restlichen Europa jedoch nahezu unter. Erst ein radikaler Imagewechsel bringt die Gruppe, die ihren Namen nun zu Status Quo verkürzt, wirklich nach vorn.

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