Das Telefon klingelt und ein gut aufgelegter Corey Glover ist dran. Er hat gerade eine lange US-Tour mit seiner Hauptband Living Colour hinter sich gebracht, zusammen mit Extreme. „Es ist nach der langen Corona-Phase nicht mehr so, wie es früher einmal war. Es fehlt die Unbeschwertheit – du musst als Band schon sehr vorsichtig und behutsam agieren. Und über jedem Tag schwebt so ein unsichtbarer Nebel, der dir sagt, dass das Leben endlich ist – und nicht unendlich lang.“ Glover hat kürzlich mit Sonic Universe eine Zweitband aus dem Zylinder gezaubert, in der er mit Gitarrist Mike Orlando (Adrenaline Mob) und Bass-Mann Booker King (bekannt von Santana, Paul Simon und Billy Cobham) zusammenspielt. „Booker kenne ich schon ganz lange“, sagt Glover, „er war ja bei meinen früheren Solo-Projekten auch schon mit von der Partie.“ Mit ihrem Longplayer IT IS WHAT IT IS haben sich Sonic Universe dem 1990er-Jahre-Crossover verschrieben – im Vergleich zu Living Colour bricht die Band aber mehr in jazzige oder auch Heavy-Metal-Gefilde aus. „Da liegt jetzt kein großartiger Masterplan dahinter – wir gehen in den Proberaum, jammen herum und am Ende entsteht das, was aus uns Musikern herausfließt.“ Ähnlich funktioniert Glover auch als Musikhörer: „Ich mochte schon immer alle möglichen Arten von Musik – es kommt zum Beispiel nicht selten vor, dass ich erst BITCHES BREW von Miles Davis auflege und danach was von Metallica. Für mich ist das völlig normal.“
Eher wenig bekannt ist, dass Corey Glover Mitte der 80er als Schau- spieler gut gebucht war. Er spielte etwa zusammen mit Hochkarätern wie Charlie Sheen, Johnny Depp oder Willem Dafoe im Vietnam-Drama „Platoon“ unter der Regie von Oliver Stone. „Wir hatten damals die vielleicht beste Zeit unseres Lebens. Wir waren gemeinsam mehrere Wochen im Dschungel, eine unvergleichliche Erfahrung.“ Gab es später keine Pläne, wieder als Schauspieler aufzutreten? „Doch“, verrät er, „nur fand das auf anderen Ebenen statt. Ich bin in ein paar unbekannten Independent-Filmen aufgetreten und eine Zeit lang mit einem ‚Jesus Christ Superstar‘-Musical durch kleine Theater getourt.“ Glover wurde im November 1964 in New York geboren – und hat einen Blick auf seine Heimatstadt, der mittlerweile mehr als ein halbes Jahrhundert umfasst: „Der ‚Big Apple‘ hat einem früher viel mehr Leben eingehaucht, als es heute der Fall ist. Es gab noch viel mehr kreative Räume, um sich auszuprobieren. Man konnte leichter Orte finden, an denen man sich zusammen mit anderen Künstlern austoben konnte. Aber man darf auch nicht vergessen, wie viele brutale Gangsterbanden es in den 70er-Jahren auf den Straßen gab, da ist es heute schon sicherer.“ Dafür gibt es andere Gräuel – denn ein New Yorker Schurke namens Donald Trump könnte wieder Präsident werden. Glover glaubt das allerdings nicht: „Die Leute werden merken, dass sie nicht mehr so einem übermächtigen Dorftrottel hinterherlaufen dürfen. Aber gut, falls dieser Idiot doch wieder gewählt werden sollte, ist klar, dass die Leute sich nicht in Richtung Zukunft bewegen wollen. Sie wollen dann zurück in die Vergangenheit – und das wäre natürlich eine Tragödie.“