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Rückblende: The Kinks – ›Dead End Street‹

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Rückblende: The Kinks – ›Dead End Street‹

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Kinks Dead End StreetFür damalige Verhältnisse ungewöhnlich ungeschönte Gesellschaftskritik, wurde dieses Stück, das die Kinks noch mal „richtig“ machten, nachdem der Produzent nach Hause gegangen war, zum Top 10-Hit – obwohl das „anstößige“ Video von der BBC boykottiert wurde.

„Es ist ein rohes Lied. Wir versuchten nicht, es abzumildern“, reflektiert Ray Davies. „Ich denke, wenn die Beatles ›Dead End Street‹ gemacht hätten, wäre es wohl durch die rosarote Brille gewesen.“ ›Dead End Street‹ markiert den Moment, in dem Ray Davies‘ Songwriting für die Kinks sich von ironisch gewitzter Beobachtung zu beißend prägnantem Kommentar über die Gesellschaft verwandelte. Im November 1966 veröffentlicht, folgte es auf ›Dedicated Follower Of Fashion‹, in dem Davies die Swinging London-Szene satirisch seziert hatte, und ›Sunny Afternoon‹, das die Trägheit der Oberschicht auf die Schippe nahm.

Für die Kinks war 1966 ein Jahr des Aufruhrs gewesen – obwohl das ehrlich gesagt über die gesamten 60er zutraf. Sie wurden von Managern und Verlegern verklagt, ihr aufmüpfiges Benehmen hatte ihnen schon einen Totalboykott des US-Fernsehens eingehandelt und ihre Konzerte wurden oft von Gewalt heimgesucht – auf der Bühne genauso wie davor. Davies hatte in jenem Jahr einen Nervenzusammenbruch erlitten, und Bassist Peter Quaife war für längere Zeit untergetaucht, was sich nur teilweise mit den Verletzungen erklären ließ, die er sich bei einem Autounfall zugezogen hatte.

Nur der anhaltende Lauf von Hitsingles hielt die Kinks über Wasser. Davies war weit davon entfernt, vor dem Stress zu kapitulieren, im Gegenteil, sein Songwriting blühte geradezu auf. Zusätzlich zu den zwei Hits in jenem Jahr hatte er auch sämtliche Lieder auf FACE TO FACE, dem ersten „richtigen“ Kinks-Album geschrieben, im Gegensatz zu dessen Vorgängern, die zusammengeschustert wurden, wann immer sie vier Singles mit B-Seiten angehäuft hatten.

„Wenn du in einer solchen Geschwindigkeit schreibst, tendierst du dazu, alles um dich herum aufzusaugen“, erinnert sich Davies. „Ich wohnte in einem alten Haus, das renoviert werden musste. Und da war wirklich ein Riss in der Decke, denn es tropfte im Bad. Es wurde sehr schnell geschrieben und für den Winter. Es war einfach dieses Ding, in England zu leben und einen tollen Sommer gehabt zu haben, und dann werden die Tage kürzer und die Stimmung verändert sich einfach. Die Musik hatte diesen kleinen Jazz-Backbeat, aber da waren diese dunklen Kanten. Ich dachte, ich schreibe einen traditionellen Jazz-Vamp über harte Zeiten, die aufzogen. Mein Vater hatte die Große Depression durchlebt und davon erzählt, also hatte das Lied dieses 20er/30er-Feeling – diesen stampfenden Refrain, der unaufhaltsame Marsch des Schicksals, das dich ereilt. Das war ein sehr visueller Hintergrund für den Song.“

Davies hatte das Szenario schon im Kopf. „Das Paar in dem Stück – und ich nehme an, dass sie ein Paar sind – plante, nach Australien auszuwandern. Aber das Hilfsprogramm für Auswanderer war gerade vorbei, also war es zu spät. Sie wollen arbeiten, aber finden keine Arbeit. Wofür leben sie also? Es liegt in der Art des Erzählens. Da ist nicht wirklich Humor drin, aber man kann schlechte Nachrichten auch fröhlich singen, sie auf rätselhafte und aufregende Art und Weise übermitteln. Es ist wie eine neue Generation von Nachrichtensprechern, die man im Satellitenfernsehen sieht. Sie haben ein Lächeln auf dem Gesicht, während sie dir erzählen, dass die Welt untergeht.“

„Die Musik hatte diesen kleinen Jazz-Backbeat, aber da waren diese dunklen Kanten. Ich dachte, ich schreibe einen traditionellen Jazz-Vamp über harte Zeiten, die aufzogen. Mein Vater hatte die Große Depression durchlebt und davon erzählt, also hatte das Lied dieses 20er/30er-Feeling – diesen stampfenden Refrain, der unaufhaltsame Marsch des Schicksals, das dich ereilt.“ (Ray Davies)

Davies‘ Szenario war ihm praktisch in den Schoß gefallen – eine seiner sechs großen Schwestern war nach Australien ausgewandert, und seine litauischen Schwiegereltern (er hatte zwei Jahre zuvor seine erste Frau Rasa geheiratet) hatten ihm Geschichten von ihrer Flucht durch Europa erzählt, die sie letztlich nach Bradford führte.

Die Kinks nahmen tatsächlich zwei Fassungen von ›Dead End Street‹ auf. „Wir haben es zuerst mit Shel Talmy gemacht, unserem Stammproduzenten und ein toller Typ. Um etwa fünf Uhr sagte er, ‚es ist fertig. Ich bin zum Abendessen verabredet. Lasst uns nach Hause gehen.‘ Da war da noch ein Waldhorn zu hören, und eine Orgel, die es wie ein Karussell klingen ließ. Ich war nicht zufrieden damit. Wir taten so, als würden wir zusammenpacken. Als Shel weg war, sagte ich: Lasst es uns richtig machen. Wir fingen an, indem wir die Orgel mit einem Klavier ersetzten – Nicky Hopkins hämmerte diese Akkorde. Dann beschlossen wir, dass wir eine Posaune statt des Waldhorns wollten, weil uns ein eher traditionell jazziges Ende vorschwebte. Also gingen wir in den Pub um die Ecke von den Pye-Studios in Marble Arch, wo die Studiomusiker immer tranken, und wir zerrten diesen Posaunisten ins Studio zurück, der es dann sehr schnell einspielte. Er war noch rechtzeitig zurück im Pub.“

Ungewöhnlicherweise hat der Track zwei Bass-Parts. „Da ist ein Fender, der den Basis-Part spielt, und ein Danelectro, der wie eine Gitarre gespielt wird. Ich weiß nicht, warum ich das wollte“, gesteht Davies. Eigentlich muss man es sich nur anhören, um zu verstehen, warum.

Um die Single zu promoten, machten die Kinks das, was wohl das erste Popvideo der Geschichte geworden wäre, wenn die BBC es gezeigt hätte. „Sie boykottierten es. Sie behaupteten, es zeige arme Leute auf der Straße. Wir zoomten in diese Fotos von echten Bettlern hinein als Teil dieser scherzhaften kleinen Variété-Geschichte über diese vier Typen, die als Sargträger gekleidet einen Sarg rumschleppen. Der soziale Realismus, den wir zeigten, war wohl offensichtlich anstößig für wen auch immer, der diese Entscheidungen bei der BBC traf.“

Zugegebenermaßen zeigt der Film auch, wie die Leiche aus dem Sarg springt. Ja, aber das war doch alles im Pantomimen-Stil. Jeder konnte das sehen, selbst ein Kind, das sich ›Top Of The Pops‹ anschaute.“ Man sieht darin auch Ray und Bruder Dave als Frauen verkleidet und mit Gesichtsausdrücken, die verstörender sind als jede Pantomimen-Dame. Davies zeigt ob dieser Erinnerung sein bestes geheimnisvolles Lächeln, aber verweigert jeden weiteren Kommentar.

Davies hat ›Dead End Street‹ wahrscheinlich nach Auflösung der Kinks 1996 häufiger live gespielt als zuvor. Das Stück gehört nun zum Stammprogramm seiner Sets. „Es ist gut zu spielen, denn es ist zu diesem ziemlich kraftvollen Stück Theater geworden. Es trifft auf große Resonanz beim Publikum. Sie einfach nur dazu zu bringen, ‚dead end‘ zu rufen, zeigt, dass die verstehen, was es bedeutet. Vielleicht ist es das, was Folk-Musik schon immer getan hat.“

See my Friends Ray Davies griff ›Dead End Street‹ auf seinem Album SEE MY FRIENDS (2010) wieder auf. Er singt es im Duett mit der schottischen Sängerin Amy McDonald, die 21 Jahre nach dem Erscheinen der Single geboren wurde. „Sie kannte nicht viele Kinks-Songs, aber sie kannte diesen“, sagt Davies. „Sie sagte, sie könnte sich mit ihm identifizieren, da er auch von jemandem aus ihrer Generation geschrieben worden sein könnte. Es ist immer schön, wenn ein Song einen Nerv trifft. Gerade dann, wenn es keine seichten Pop-Songs sind.“

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