In der Welt der Leadgitarristen sind Frauen besonders rar. Liegt das daran, dass übertechnisches und/oder prahlerisches Griffbrettgefrickel Musikerinnen einfach weniger anspricht als Musiker? Das mag sein, aber wir vermuten, dass das Verhältnis sich in Zukunft mehr ausbalancieren wird, denn schon jetzt treten einige ernsthafte Gitarristinnen auf den Plan, z.B. Alice Coopers Axtschwingerin Orianthi, die britische Bluesrockerin Joanne Shaw Taylor oder ihr US-Gegenpart Samantha Fish… Fraglos fantastische Musikerinnen, aber nicht übermäßig berühmt und immer noch ganz klar in der Minderheit.
„Man hört oft Dinge wie, ‚OK, sie wird gut aussehen, aber nie im Leben spielt die so gut wie ein Mann’“, sagt Joanne Shaw Taylor. „Für mich persönlich ist das kein Thema mehr. Ich hatte mal eine Schlagzeugerin und die hatte es noch viel schwerer. Das ging soweit, dass Leute ihren Namen auf dem Vertrag sahen, dann tauchten wir auf und sie fragten, wann der Drummer kommt.“
Wo also sind die Damen wirklich dick im Geschäft? Pop. Hier werden die Mädels zu ganz großen Fischen. Madonna ist mit über 300 Millionen verkauften Platten weltweit die erfolgreichste Künstlerin, Mariah Carey ist ebenfalls ganz oben und Stars wie Rihanna, Katy Perry und Beyoncé liegen bei Spotifys Liste der meistgestreamten weiblichen Acts ganz vorne. Die meisten von ihnen sind zu richtigen Marken geworden – Parfums, Modekollektionen, Kollaborationen mit den krassesten, hipsten, angesagtesten Rappern und Produzenten… Vergleicht man das mit der kümmerlichen Anzahl an Rockmusikerinnen, scheint das Schicksal der Frau im Business besiegelt: Sie ist leider dazu verdammt, eine attraktive Popsängerin zu sein.
Angesichts des beeindruckenden Erfolgs von Frauen in diesem Bereich (und im Country – Taylor Swift gehörte da auch mal dazu, bevor sie auf den noch lukrativeren Massenpop umsattelte) haben sie ganz offensichtlich kein grundsätzliches Problem, sich in der Musikwelt durchzusetzen. Vielleicht passen Pop und Country ja einfach besser zu den vermeintlich traditionellen, weiblichen Erwartungen – „hübschere“ Genres, wenn man so will. Ist das Problem also einfach nur, dass weniger Frauen sich für Rock interessieren? Oder nicht das Gefühl haben, es zu können?