Und auch wenn es noch immer ebenjene Männerwelt ist, in der Frauen als subversive Eindringlinge angesehen werden, besteht gleichsam die Gefahr, dass positive Diskriminierung zu etwas weniger Hilfreichem und Schmeichelhaftem werden kann. Wie bei Courtney Love – einer der „starken weiblichen Persönlichkeiten“, die Deep Vally als Vorbild nennen. Sie wurde so sensationalisiert, zunehmend aufgrund ihrer Beziehung zu Kurt Cobain, dass sie selbst heute noch von vielen als „Freundin eines toten Rockstars“ abgekanzelt wird, statt als Frontfrau der von der Kritik durchaus mal gelobten Alternative/Grunge/Noise-Rock-Band Hole respektiert zu werden, über die der Rolling Stone einstmals schrieb: „Love liefert nicht nur Punk, der genauso anzüglich ist wie der von Nirvana, sondern auch genauso bissig wie die Sex Pistols.“
Colleen Rennison, beseelte Frontfrau der kanadischen Bluesrocker No Sinner, hat diese wenig erbauliche Seite des Business auch schon am eigenen Leib erlebt: „Zuerst wollten mir alle, mit denen ich zusammenarbeiten wollte, einfach nur an die Wäsche, aber ich lernte, das zu meinem Vorteil zu nutzen. Das kann ein Segen und ein Fluch sein. Einerseits hat man mit einer Menge Männern zu tun, die es nicht gewohnt sind, mit Frauen umzugehen – falls sie keine Ehefrauen, Freundinnen, Töchter oder eine gute Beziehung zu ihren Müttern haben. Andererseits kommt es zu einer Art ‚Kleine Schwester‘-Vibe, wenn es gut läuft, und die wenigen Ladies in diesem Geschäft haben in der Regel Respekt voreinander.“
Das richtige Gleichgewicht – also Weiblichkeit zu verkörpern, ohne sie auszubeuten – ist der Schlüssel. Lzzy Hale, Gitarristin und Sängerin der amerikanischen Heavy-Alternative-Rockband Halestorm, kann in bester Hardrock-Manier grölen und in exzellenten Songs hervorragende Gitarrenlicks servieren. Ach ja, und sie sieht megaheiß aus. „Es wurde schon immer gesagt, dass Sex und Rock’n’Roll Hand in Hand gehen, aber ich will nicht einfach nur in einem kurzen Rock und High Heels da oben stehen, und das war’s“, so Lzzy. „Wenn mehr Mädels zeigen, was sie draufhaben, und sagen können, ‚ich habe mehr zu bieten als ein knappes Outfit‘, können wir meiner Meinung mehr von ihnen dazu ermutigen, mitzumachen.“