Robert Gordon gelang in den späten 1970er-Jahren der geschickte Schachzug, die Surf-Gitarren- und Rockabilly-Legende Link Wray in seine Band zu holen. Zusammen veröffentlichten die beiden zwei Alben und nahmen am 8. Juni 1978 im Studio L des WDR ein legendäres Konzert für den „Rockpalast“ auf, das in dieser Form nun zum ersten Mal als DVD und Live-CD veröffentlicht wird.
Link Wray war eine Legende, auf die viele Musiker sich einigen konnten. Im November 2005 spielte Bob Dylan fünf Konzerte in der Londoner Brixton Academy – und als er kurz vor dem ersten dieser Auftritte die Nachricht vom Tod von Link Wray erhielt, eröffnete er jeden der Abende mit einem Cover von ›Rumble‹. Rob Stoner, der auf beiden Link Wray/Robert Gordon-Alben Bass spielte und auch beim „Rockpalast“-Gig zur Band zählte, kommentiert das so: „Der Song ›Rumble‹ ist die bekannteste Aufnahme von Link Wray. Ich wusste, dass ihm ein Lungenflügel entfernt wurde, als er während seines Diensts bei der US Air Force in Korea an einer Lungenentzündung erkrankte. Aber es gab keine Anzeichen dafür, dass dies ein Problem für ihn darstellte.
Er war auch ein starker und lauter Sänger, der eine lange, aufregende Show hinlegen konnte, ohne müde zu werden. Als ich 1977 begann, mit ihm zu arbeiten, war er 50 Jahre alt und voller Energie.“ Wenn man heute über den Camden Market in London schlendert, findet man überall T-Shirts von The Cramps oder den Stray Cats – eines von Robert Gordon oder Link Wray sieht man eigentlich nie. Gibt es darauf eine Antwort? Rob Stoner überlegt kurz und meint dann nur: „Es ist zu spät, das heute noch ändern zu wollen. Robert Gordon und Link Wray wurden während ihrer Karrieren schlecht gemanagt und sie haben zu wenig Wertschätzung erfahren, weshalb sich jetzt nur noch wenige Leute an sie erinnern. Der Ruf von Link hat kürzlich eine Aufwertung erfahren, als er letztes Jahr in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen wurde.“
Zu Wrays Fans gehören so unterschiedliche Leute, wie Pete Townshend, Quentin Tarantino, Jimmy Page, Bruce Springsteen und der schon erwähnte Bob Dylan. Der sagte 1978 mal im Gespräch mit dem Rockabilly-Genie: „Link, ich saß in der ersten Reihe, als du und Buddy Holly im Winter 1958 in Duluth, Minnesota aufgetreten seid − du bist heute genauso großartig wie damals.“ Rob Stoner war einmal sogar persönlich bei einer Zusammenkunft von Wray und dem Songwriter dabei. „Ich stand direkt daneben, als Dylan Link erzählte, dass unser Cover von ›It’s All Over Now Baby Blue‹, das wir 1979 auf dem BULLSHOT-Album gecovert hatten, seine Lieblingsversion ist.“
Mit Robert Gordon ergänzte sich Link Wray perfekt. Der Sänger hatte eine lupenreine Rockabilly-Stimme, mit der er so wild wie souverän Gene Vincent, Elvis Presley, Eddie Cochran und Johnny Burnette zitieren konnte – und besaß trotzdem ein eigene Note. Der Gitarrist, 18 Jahre älter als Gordon, hatte das musikalische Rüstzeug dazu. Stoner erklärt es so: „Wir haben eigentlich nie geprobt. Beide waren großartige Musiker und absolute Profis, die keine Proben brauchten. Nachdem Link die Gruppe verlassen hatte, arbeitete ich ab und zu weiter mit Robert, bis er vor zwei Jahren starb, nach 44 Jahren, die wir gemeinsam bestritten hatten.
Ich habe es echt genossen, dabei zu sein.“ Beim „Rockpalast“-Gig von 1978 fällt sofort die einzigartige Klasse von Wrays Gitarre auf. „Natürlich spielte Link lang gezogene Powerchords“, so Stoner. „Aber die gibt es schon seit Hunderten von Jahren. Seine Leistung bestand darin, sie laut und mit Feedback über einen übersteuerten Verstärker zu spielen, was seinen charakteristischen Sound ausmachte. Obwohl er ein technisch versierter Gitarrist war, der viele unterschiedliche Stile draufhatte, enthält ›Rumble‹ sein einfachstes Riff, was zeigt, dass in der Rockmusik der Grundsatz ‚Weniger ist mehr‘ von entscheidender Bedeutung ist.“