Dass „Der Blonde von Status Quo“ unter ernsthaften gesundheitlichen Problemen litt, war bekannt, doch schien er auf dem Weg der Besserung. Sein Tod an Heiligabend bedeutet das Ende einer Ära.
Es gibt diese Bands, die einen schon das ganze Leben lang begleiten. Status Quo ist eine davon. Als Elfjähriger bewunderte ich all die Poster und Starschnitte im Jugendzimmer meiner Cousine. Ihr eindeutiger Liebling war Rick Parfitt. Etwas später übte ich mich – trotz viel zu kurzer Haare – mit meinen Kumpels im kollektiven Headbanging, ergänzt um leidlich synchron laufende Luftgitarren.
Das Vorbild: Status Quo. Schüttle Dein Haupthaar! Roll Over Lay Down! Während im Partykeller die Lichtorgel flackerte und die anwesenden Mädchen leicht irritiert das Badezimmer aufsuchten, um lieber doch noch etwas „Sweet Patchouli“ aufzutragen.
Status Quo waren damals groß, und zwar richtig groß. Eine patente Party-Band, Rock’n’Roller durch und durch. Klar, Francis Rossi war der Boss. Hauptsongwriter, Leadgitarrist und Sänger. Aber ohne Rick Parfitt, ohne seine drahtig-schnörkellose Rhythmusgitarre und seinen Harmoniegesang, wäre diese Band eine andere gewesen. Vermutlich eine, die nicht ganz so gut funktioniert hätte. Und genau das taten Status Quo: funktionieren.
Wer irgendwann in den 70ern 13 Jahre alt war, konnte ihre Musik problemlos nachvollziehen. Es gab keine Geheimnisse, keine Rätsel, denn für ›Rockin’ All Over The World‹, ›Blue Eyed Lady‹ oder ›Big Fat Mama‹ reichten auch altersgemäß rudimentäre Fremdsprachenkenntnisse. Und ein geradliniger, stoischer Shuffle kam dem juvenilen Bewegungsdrang eben deutlich stärker entgegen als irgendwelche Prog-Experimente im Siebenvierteltakt. Kritiker, also diese uralten Säcke, die sicher schon fast 30 waren und für Musikzeitschriften schreiben durften, fanden das natürlich alles ganz furchtbar. Aber wer nimmt schon ernst, was Kritiker schreiben?
“Es gibt diese Bands, die einen schon das ganze Leben lang begleiten. Status Quo ist eine davon.”
Nun soll das hier natürlich kein Nachruf auf Status Quo werden, denn die Band wird vermutlich auch weiterhin existieren. Nur eben ohne Richard John Parfitt, genannt Rick. Und das bedeutet zweifelsfrei das Ende einer Ära.
Parfitt war 19 Jahre alt, als er zu Status Quo stieß – und konnte bereits damals auf gewisse Erfahrungen im Show-Biz zurückblicken. Im Alter von 15 Jahren hatte er in einem Londoner Pub erste Auftritte als Sänger und Gitarrist absolviert, kurz darauf folgte ein Engagement im Ferienresort „Butlin’s Holiday Camp“ in Minehead.
Dort reüssierte Parfitt mit den Zwillingsschwestern Jean und Gloria Harrison als The Highlights, dort lernte er auch Francis Rossi kennen, der damals in einer Band namens The Spectres spielte. Gemeinsam mit John Coghlan und Alan Lancaster. The Spectres mutierten zu Traffic Jam, doch nachdem Steve Winwood 1967 seine aktuelle Band Traffic vorgestellt hatte, wurde ein neuer Name fällig, um Verwechslungen zu vermeiden: Status Quo.
In den 70er und 80er Jahren enorm erfolgreich – vor allem in Deutschland – konterkarierte Rick Parfitt über die Jahre jedoch immer wieder jene ohnehin naive Vorstellung, berühmte Rockstars seien zwangsläufig Glückskinder, denen permanent die Sonne aus dem Allerwertesten scheint. Das unstete und anstrengende Leben on the road, nach außen hin gewiss glamourös, führte in Kombination mit jeder Menge Geld und einer beträchtlichen Portion des seinerzeit unter Rockmusikern allgegenwärtigen Hedonismus direkt in die Sackgasse.
Parfitt entwickelte eine ungesunde Vorliebe für Wodka und Kokain in rauen Mengen, die an Heftigkeit noch drastisch zunahm, als seine zweijährige Tochter Heidi im heimischen Swimmingpool ertrank und kurz darauf seine erste Ehe in die Brüche ging.
Der jahrelange Exzess forderte schließlich 1997 erstmals seinen Tribut: Nach einem Herzinfarkt erhielt Parfitt vier Bypässe, doch 2011 ereilte ihn eine weitere Herzattacke, drei Jahre später noch eine. Im Juni letzten Jahres erwischte es ihn erneut, also zum vierten Mal, und diesmal war es wirklich verdammt knapp. Parfitt war einige Minuten lang klinisch tot, die Rettung erfolgte fast in letzter Sekunde.
Noch im Herbst ließ er verlauten, dass es ihm den Umständen entsprechend recht gut gehe, er seine Karriere als Bühnenkünstler jedoch als beendet betrachte, da er sich den Anstrengungen einer Tournee nicht mehr gewachsen fühle. Nach einem Treppensturz an der Schulter verletzt, ließ er sich am 23. Dezember in ein Krankenhaus im spanischen Marbella einweisen. Einen Tag später erlag er einer Blutvergiftung. Rick Parfitt, der dreimal verheiratet war und vier Kinder hinterlässt, wurde 68 Jahre alt.
Wie er in Erinnerung bleiben wird? Zunächst sicher als der „blonde Typ“, der jahrzehntelang neben dem „Dunkelhaarigen mit der Weste“ stand. Natürlich auch als passionierter Jeansträger, um dessen Schulter die obligatorische Fender Telecaster hing. Als Gitarrist, Songwriter und Sänger, der fast 50 Jahre lang einer Band namens Status Quo angehörte. Als einer, der aus Woking kam, einem unspektakulären Vorort im Südwesten von London, der mit seiner Musik jedoch die ganze Welt eroberte und dabei viele Menschen glücklich machte. Rockin’ All Over World? Ganz genau!
RIP
Ja das war ein Schock an Heiligabend Rick war ein unfassbar netter Rockstar.
Habe bei meinen 90 Quo Konzerten immer versucht vor ihm in der ersten Reihe zu stehen. Habe sehr schöne Momente erlebt und ihn oft getroffen.
Wir waren eine Quo Truppe von 4 Verrückten die immer alles mögliche unternahmen um an die Band heranzukommen. 40 fantastische Jahre, Danke Rick & Status Quo, ich liebte euch abgöttisch ❤