Zwischen Protest und Selbstreflexion.
Als Neil Young am 4. Juli, dem amerikanischen Nationalfeiertag, die Single ›Children Of Destiny‹ veröffentlichte, war das eher ein gemischtes Vergnügen. Zum einen gab’s zwar kitschige, aber doch wunderschöne Passagen mit Streichern, zum anderen brachialen Rock mit Aufrüttelndem à la „stand up for what you believe“ zu hören. Das komplette Album ist jetzt deutlich weniger plakativ ausgefallen, und es ist keine reine Protestplatte, auch wenn das eröffnende ›Already Great‹ das vermuten ließe. Der Song ist ein direkter Konter auf Donald Trumps „Make America Great Again“-Slogan, mit den eröffnenden Zeilen: „I’m Canadian by the way/And I Love The USA.“ ›Stand Tall‹ fordert zu hymnischem Gitarrengepolter dazu auf, zusammenzustehen, gegen Rassismus, gegen Umweltzerstörung. Promise Of The Real, zum dritten Mal an Youngs Seite, geben sich alle Mühe, Crazy Horse würdig zu vertreten. Und sie überzeugen auch in den ruhigeren Momenten. In ›Almost Always‹ etwa, einer akustischen Ballade mit sachtem Schlagzeug und Mundharmonika. „Do I have something to say“, fragt sich Young da. „Maybe just a feeling, that things are bound to change/Or just that crazy searchlight/Lighting someone’s way.“ Ebenfalls gut: das federnd-melodische ›Change Of Heart‹. ›Carnival‹ ist ein gut achtminütiges Schelmenstück, ›When Bad Got Good‹ scheppernder Blues, ganz am Ende steht die zehnminütige Meditation ›Forever‹ – mit der Konklusion: „Earth is like a church without a preacher.“ Amen.
8/10
Neil Young + Promise Of The Real
THE VISITOR
Reprise/Warner