Ruhiger als zuletzt, aber nicht weniger dringlich.
Neil Young scheint sich, was die Machart seiner Musik betrifft, immer mehr an die medialen Bedingungen von heute anzupassen. Wenn er in der im September veröffentlichten Single ›Indian Givers‹ von den seit Monaten andauernden Protesten von Umweltschützern gegen die Dakota Access Ölpipeline durch Indianergebiet singt und dabei auf die Verhaftung des Demonstranten Dale „Happy“ American Horse Jr. gerade mal zwei Wochen zuvor eingeht, dann ist das – rein tempomäßig – nicht weit weg von einem Twitter-Kommentar. „Behind big money justice always fails“, schießt er hinterher. Damit ist bereits viel gesagt über Youngs heutige Arbeitsweise – und seine Themen. Der Kanadier ist so etwas wie der Duracellhase des Rock, er haut Platte auf Platte raus. ›Can’t stop working‹ heißt ein Song entsprechend. „It’s bad for the body/But it’s good for the soul.“ Der Songwriter als rastloser Kämpfer: für Umweltschutz und gesellschaftliche Minderheiten, gegen gierige Konzerne, Polizeigewalt und die Zerstörung unseres Planeten. Gegen Klischees ist er dabei nicht gefeit, klar, letztendlich bleibt er freilich ein Guter. „Ain’t taken my last hit yet“, heißt es im Titelstück. Anders als zuletzt hat Young diesmal nicht mit seiner Begleitband Promise Of The Real zusammengearbeitet, sondern mit den Sessionprofis Jim Keltner (Schlagzeug) und Paul Bushnell (Bass). Das Ergebnis: weniger stampfende Rockmusik, dafür oft akustischer, bewusst ungeschliffener Sound – auch wenn Young seine Gitarre gelegentlich aufheulen und im Hintergrund dröhnen lässt. Die Platte endet abrupt, mit wirren Roboterstimmen, nach knapp 40 kurzweiligen Minuten.
8/10
Neil Young
PEACE TRAIL
Reprise/Warner