Der Katalog erscheint aus Anlass des 40. Geburtstags von Queen. Und wird begleitet von einer Ausstellung namens „Stormtroopers In Stilettos“, die demnächst in Berlin läuft. Darf man fragen, welche Erinnerungen sie bei dir auslöst?
Es ist merkwürdig, mir diese alten Bilder anzuschauen. Sie versetzen mich in eine andere Zeit zurück. Roger (Meddows-Taylor, Queens Drummer – Anm.d.Red.) und ich waren beide richtig ergriffen – und fanden vieles davon sehr traurig. Denn es ist uns schlagartig bewusst geworden, dass wir etliche gute Freunde verloren haben. Sie sind einfach nicht mehr da. Deshalb ist es besonders schmerzlich, sie auf all diesen Bildern zu sehen. Außerdem geht es in der Ausstellung um unsere Anfangsjahre – und daran haben wir natürlich nicht nur gute Erinnerungen. Wir waren unglaublich arm und mussten von dem Wenigen, das wir einnahmen, auch noch Instrumente und Essen bezahlen. Wir wussten oft nicht, wo wir die nächste Mahlzeit herkriegen sollten.
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Weil ihr damals von 60 britischen Pfund pro Woche leben musstet – geteilt durch vier Bandmitglieder?
Oh, 60 war schon richtig viel. Angefangen haben wir mit 20. Das war wirklich hart. Dabei hatten wir Unterstützung – die Jungs, die das „Trident“-Studio geleitet haben, setzten sich für uns ein und ermöglichten uns die ersten Aufnahmen. Und der Laden war damals der modernste und angesagteste der Welt. Künstler wie Bowie, Elton John, die Beatles und Lou Reed haben hier aufgenommen. Trotzdem zahlten sie uns anfangs gerade mal 20 Pfund, später dann 30. Nach unserem ersten Hit wurden daraus 60. Doch irgendwann nahmen wir uns die Bilanzen vor und erkannten, dass wir eigentlich schon eine Menge Geld verdient hatten – aber nichts davon zu sehen bekamen.
Mal abgesehen von diesen unliebsamen Erinnerungen hat die Aufarbeitung eurer Geschichte zumindest eine Rarität ans Tageslicht gebracht – die so genannten „De Lane Lea“-Sessions. Was verbirgt sich dahinter?
Sie stammen aus einer Zeit, in der wir noch keinen Plattenvertrag hatten, also aus dem Jahr 1971, glaube ich. Wir waren jung und arm, hatten aber einen Traum – den niemand mit uns teilen wollte. Insofern konnten wir froh sein, dass es diese Leute gab, die händeringend jemanden suchten, der ein bisschen Krach in ihrem neuen Studio „De Lane Lea“ in Wembley machte. Im Gegenzug ließen sie uns fünf Stücke aufnehmen. Und da wir vorsichtige Jungs waren, die wussten, was sie tun, haben wir unseren eigenen Techniker mitgebracht: Louie Austin. Das Ergebnis klang dann auch genauso, wie wir es uns erhofft hatten – dabei verbrachten wir nur zwei oder drei Tage dort. Aber das war genug, um den Klang umzusetzen, den wir in unseren Köpfen hatten. Die fünf Stücke haben wir dann an alle möglichen Plattenfirmen geschickt, um einen Deal zu bekommen – doch niemand wollte sie.(kichert) Die Einzigen, die Interesse zeigten, waren die Besitzer des „Trident“-Studios. Sie meinten: „Wir werden ein Album mit euch machen und es dann an eine Plattenfirma verkaufen. Doch diese Demo-Stücke wollen wir nicht, sie taugen nicht. Ihr müsst schon in unser Studio kommen und das Ganze so machen, wie wir es euch sagen.“ Das haben wir getan. Roy Baker und John Anthony hatten ihre ganz eigene Art, die Dinge anzugehen. Als Roger sein Schlagzeug aufnehmen sollte, klebten sie im Vorfeld alles ab und legten den Raum mit Kissen aus, um den räumlichen Klang zu absorbieren. Seine Drums kamen dadurch seltsam rüber. Das war das genaue Gegenteil von dem, was wir wollten. Und nun haben wir diese „De Lane Lea“-Aufnahmen wiederentdeckt, die einfach pur und verfälscht sind – die Essenz von Queen, bevor Blödsinn mit unseren Köpfen und unserem Sound betrieben wurde. Sie befanden sich auf einem Azetatband, das in meinem Archiv lag. Bis vor einigen Jahren wäre es keine sonderlich gute Idee gewesen, die Aufnahmen zu veröffentlichen. Denn das Band war ziemlich zerkratzt. Aber dank der modernen Technik konnten wir eine digitale Kopie anfertigen lassen, die dann restaurierbar war. Heutzutage gibt es großartige Software für diesen Zweck. Deshalb können die Leute die Orginal-Mixe aus dem Jahr 1971 jetzt zum ersten Mal hören – sie bilden das Bonus-Material der Wiederveröffentlichungen. Nun ist es möglich, genau nachzuvollziehen, was mit der Band passiert ist, nachdem wir die „Trident“-Studios betreten hatten.
Welche Art von Band wolltet ihr 1971 sein?
Wir hätten es damals als etwas „unterschwellig Heftiges“, aber auch „sehr Melodisches“ beschrieben. Es gab kein Modell. Sicher, auch wir hatten Helden, Jimi Hendrix oder Led Zeppelin etwa, die ja Zeitgenossen waren, aber eben auch Musiker, die Sachen gemacht hatten, die wir bewunderten. Nur: Ihnen fehlte etwas, sie hatten nicht diese „andere Seite“, von der wir träumten. Wir standen damals auch auf Yes, die ein sehr komplexes, aber durchweg harmonisches Moment besaßen, das wir sehr inspirierend fanden. Und unsere Einflüsse reichten noch etwas weiter zurück. George Formby und Big Bands wie Temperance Seven liebten wir – es gab eben viele unterschiedliche, seltsame, zum Teil auch sehr anspruchsvolle Acts, die uns maßgeblich geprägt haben. Ich vergleiche uns gerne mit einem Schwamm: Wir haben all diese wunderbare Musik tatsächlich in uns aufgesogen. Zum Glück sind wir in einer ganz besonderen Ära der Musikgeschichte aufgewachsen. Doch trotz all diesen verschiedenen Klängen, die uns umgaben und inspirierten, wussten wir stets ganz genau, was wir wollten. Freddie, Roger und ich hatten eine ähnliche Vision. Und daher war es leicht, die entsprechenden Entscheidungen zu treffen.
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