Zweigeteiltes Set, ungeteilte Freude: Auch mit Orchester rockt Gabriel.
Dass er ein Verwandlungskünstler ist, hat Peter Gabriel im Laufe seiner langen Karriere mehrfach bewiesen. Doch bei seinem aktuellen Projekt kommt ihm dieses Talent besonders zu Gute: Sein neues Album SCRATCH MY BACK, das im Februar erschienen ist, ist nämlich ein Cover-Platte der besonderen Art. Gabriel intoniert darauf Stücke seiner Kollegen – und die wiederum versuchen sich an seinen Kompositionen.
Nun bringt der Meister diese Songs auf die Bühne, und zwar in opulentem Rahmen. Knapp 40 Musiker stark ist das Orchester, das ihn live unterstützt. Dadurch sind einige Stücke erst nach einigen Takten wiederzuerkennen, so verwandelt klingen sie in ihrer sinfonischen Umsetzung. Doch gerade dieses „zweite Hinhören“ macht den ersten von insgesamt zwei Berlin-Abenden besonders. Vom klassischen Gabriel-Standardprogramm weicht die Show dadurch natürlich erheblich ab.
Als Eröffnung hat Gabriel gleich Großes gewählt: Bowies ›Heroes‹ in rauer Form nämlich, und das garantiert ihm einen warmen Begrüßungsapplaus. Weiter geht es im SCRATCH MY BACK-Programm mit dem zweiten Stück der Platte, ›Boys In The Bubble‹ von Paul Simon, dicht gefolgt von Elbows ›Mirrorball‹.
Klimax des ersten Set-Teils ist jedoch ›I Think It’s Gonna Rain Today‹, bei dem Gabriel sich quasi nackt präsentiert, nur unterstützt von sanften Pianoklängen. Zum Schluss gibt es noch Hommagen an Neil Young und Radiohead, bevor der zweite Konzertabschnitt beginnt, in dem sich Peter Gabriel ganz seinem eigenen Repertoire widmet.
Darauf haben die Fans sehnsüchtig gewartet, diesen Anschein erwecken sie jedenfalls angesichts der Begeisterung über ›San Jacinto‹. Die Stimmung zieht im Verlauf des Konzerts noch deutlich an und erreicht bei ›Solsbury Hill‹ ihren Höhepunkt. Manchmal wirken die klassisch aufgepeppten Songs zwar nicht mehr so natürlich wie im Original, insgesamt jedoch ist der Abend schon aufgrund der großartigen Inszenierung durch Licht- und Soundcrew ein Gewinn.
Mirko Windmüller