„The walrus was Paul“: das ungemein aufregende Dasein einer lebenden Legende.
Schon eine ganze Menge Autoren versuchten sich an einer Biografie jenes Mannes, der als Teil des kulturellen Phänomens The Beatles bereits in jungen Jahren zur Legende avancierte. Am eindrucksvollsten geriet Barry Miles’ Mc- Cartney-Porträt MANY YEARS FROM NOW, zählte Miles doch in den Swinging Sixties zum geheiligten inneren Zirkel Paul McCartneys. Als Mitbesitzer der von Paul co-finanzierten Indica Gallery, einem Hort der Londoner Gegenkulturoffensive, machte er den erlebnishungrigen Beatle mit der Delikatesse Hash Brownies, der damaligen Künstler-Avantgarde und dem Konzept Sozialismus bekannt.
In Peter Ames Carlins 448-seitigem Wälzer PAUL MCCARTNEY – DIE BIOGRAFIE spielt Miles’ damaliger Einfluss auf den begehrten Jungmillionär selbstverständlich auch eine Rolle. Minutiös zeichnet Carlin in wohl formulierten Sätzen (einer gelungen Übersetzung von Kirsten Borchardt) McCartneys Werdegang nach. Er unterstreicht die Tatsache, dass eigentlich Paul der Experimentiergeist derGruppe war, was Lennon verklausuliert im Song ›Glass Oni-on‹ ja selbst zugegeben hatte: „The walrus was Paul“.
Sachlich tischt der ehemalige Chef-Reporter des „People Magazine“ gut recherchierte und erstaunliche Fakten auf, wenn er beispielsweise den immensen Drogen- und Damen-Konsum, aber auch die chaotischen Zustände in McCartneys Londoner Stadthaus in der Cavendish Road enthüllt. Pauls Verhältnis zu John Lennon wird mit einigen neuen Details plausibel erklärt, wobei die unglaublich verworrenen, bislang zumeist nur teilweise richtig geschilderten Hintergründe um die Trennung der Beatles eine wesentliche Rolle spielen. Schonungslos beleuchtet werden auch Pauls spätere Eskapaden nach seiner Heirat mit der Fotografin Linda Eastman und der heillosen, mittlerweile geschiedenen Ehe mit dem einbeinigen Fotomodell Heather Mills.
Michael Köhler