Kölsche Mundart im Stadionrock-Format
Zu den großen Säulenheiligen von Wolfgang Niedecken gehörten neben diversen Musikern auch immer Heinrich Böll und Joseph Beuys. „Böll ist immer der einfache Junge aus der Kölner Südstadt geblieben“, sagte Niedecken mal in einem Interview – und vermutlich möchte er auch so wahrgenommen werden. 1981 nahmen BAP beim Album FÜR USSZESCHNIGGE den Song ›Südstadt, verzäll nix‹ auf – und dieses Lied behandelt das Thema Gentrifizierung in einer Art Protoversion. Der Geruch sei hier eine Mischung aus Asphalt und Schweiß und das Viertel hatte selbst nach dem Ende des zweiten Weltkriegs noch Würde, als es in Trümmern lag. Mit der Stimme eines Märchenonkels trägt Niedecken dieses Stück vor – und natürlich die großen BAP-Hits wie ›Verdamp lang her‹, ›Müsli Man‹ oder ›Kristallnaach‹. Als kölsche Version von Bob Dylan wird Niedecken in seiner Heimatstadt so gefeiert, wie es sich gehört: mit lauten Applaussalven und aufrichtiger Begeisterung. In Summe bietet dieser Live-Mitschnitt mit seinen 30 (!) Liedern die elektrisierende Essenz, die an vier Abenden in den Sartory-Sälen aufgenommen wurde – und mit ›Helfen kann dir keiner‹ endet. Eine sehr würdevolle Angelegenheit!
8 von 10 Punkten
Niedeckens BAP
ZEITREISE – LIVE IM SARTORY
VERTIGO BERLIN/UNIVERSAL