Mich einfach nur hinzusetzen und Gitarre zu spielen, inspiriert mich nicht mehr“, berichtet Justin Vernon über das zweite Album seiner Hauptband Bon Iver. Den 30-Jährigen, der 2008 mit dem im Alleingang aufgenommenen Debüt FOR EMMA, FOREVER AGO für ordentlich Wirbel in der Indie- bzw. Songwriter-Szene sorgte, interessieren nun vor allem Sounds – und die Frage, wie man sie erzeugt. Auf diesen Ansatz kam Vernon durch die Analyse anderer Musiker: Beeindruckt haben ihn u.a. der Pianist Bruce Hornsby und Jazz-Ikone Charles Mingus. „Ich habe erforscht, warum genau ihre Platten so gut für mich klingen. Ich wollte einen Sound von Grund auf neu kreieren und mit ihm dann den Song aufbauen“, erklärt der Vollbartträger. Durch diese Methode entstand z.B. der durchdringende Gitarrenriff von ›Perth‹, dem Opener vom Zweitwerk BON IVER: „Da habe ich mit dem Fuzz-Effekt herumgespielt und versucht, eine richtig warme Verzerrung wie bei Neil Young hinzukriegen.“ Ist ihm gelungen.
Im Gegensatz zu den meisten anderen Liedermachern geht Justin Vernon beim Schreiben also nicht mehr vom Songtext aus, sondern von den sich anbietenden Klängen. Dabei darf alles ausprobiert werden: „Ich gehe ans Songwriting so heran, dass ich mir erlaube, alles zu tun, was mir in den Sinn kommt. Danach schaue ich dann, wie ich das Ganze zusammenschneide. Es geht nicht so sehr darum, was man aufnimmt, sondern darum, wie man es zusammenfügt.“ Klingt nach Samples und HipHop – und genau da, bei seiner Kolloboration mit Kanye West, hat Vernon dieses Konzept aufgeschnappt: „Er ist willens, die verrücktesten Sachen in seine Songs zu integrieren. Sachen, die auf den ersten Blick gar nicht funktionieren. Mir kam es nicht so darauf an, wie er rappt, sondern wie er Regie führt.“