Peter Criss ist der originale Catman. In den siebziger und achtziger Jahren feierte er als Schlagzeuger von Kiss überirdische Erfolge. Diese Zeit kostete ihn beinahe alle neun Leben. Doch weder ein schwerer Autounfall, wüste Drogenexzesse, mehrmalige Rauswürfe aus seiner Band, noch seine überstandene Brustkrebserkrankung konnten ihn unterkriegen.
Als Katzenmann mag er den am harmlosesten wirkenden Charakter bei Kiss gemimt haben. Trotz der Maskerade war Peter Criss neben seinem Gitarristen Ace Frehley aber das Enfant terrible der Band. In seiner aktuell erschienenen Autobiografie UNGESCHMINKT blickt der Schlagzeuger und Kiss-Mitbegründer auf ein ereignis- und begegnungsreiches Leben, das von extremen Hochs und Tiefs geprägt war, zurück. Im Interview mit CLASSIC ROCK erinnert sich Criss an die Personen, die seinen Werdegang nachhaltig mitbestimmt haben.
Dick Clark
Dick war ein wundervoller Kerl und ein echter Workaholic. Er war ein berühmter Fernsehmoderator und ein enger Freund von Neil Bogart, dem Boss unserer Plattenfirma. Dank seines Einflusses kamen wir zu unserem ersten TV-Auftritt. Ausgerechnet bei dieser Show lief alles schief. Die Mikrofone fielen aus, alle flippten aus, weil sie so etwas nicht erwartet hatten. Es ging echt in die Hose. Ich wurde so wütend, dass ich mein Schlagzeug von der Bühne warf. Trotzdem, oder genau deshalb kam unsere Performance gut an. Dick liebte es. Danach sah ich ihn immer wieder, weil er uns regelmäßig bei Casablanca Records besuchte. Dick war einfach der Beste. Du kannst viele Musiker fragen. Vermutlich hatten die meisten im Laufe ihrer Karriere etwas mit ihm zu tun.
Tommy Lee
Tommy und ich sind wahre Kumpels. Ich kenne ihn schon seit ewigen Zeiten. Er erzählte mir einmal von seiner ersten Kiss-Show. Lange bevor er berühmt wurde, besuchte er ein Konzert der Band. Als er mich sah, war das für ihn dieser eine magische Moment. Er wollte Schlagzeuger werden! Er wollte an meiner Stelle sein und mit dem Schlagzeug abheben. Das ist etwas, worauf ich stolz sein kann. Wenn junge Leute wegen mir angefangen haben, fühlt sich das wundervoll an. Es ist natürlich noch schöner, wenn man weiß, dass es diese Schlagzeuger geschafft haben! Naja, und jetzt übertrifft mich Tommy mit seinen wilden Aktionen auf der Bühne. Ich mag den Jungen. Früher geriet er in eine Menge Ärger, aber das ist vorbei. Er ist jetzt sehr viel erwachsener. Ich habe ihn wie meinen Sohn zum Mann heranwachsen sehen.
Neil Bogart (Präsident von Casablanca Records)
Ohne Neil, der so ein selbstbewusstes und ex-travagantes Auftreten hatte, wäre aus uns nichts geworden. Er wäre bereit gewesen eine Million Dollar auszugeben, um auch nur einen Dollar zu verdienen. Er war sehr clever, wenn es darum ging, etwas zu bewegen. Ohne ihn hätte ich nicht dieses fantastische Leben. Bei Casa-blanca behandelten sie uns wie Götter, weil wir ihre Nummer eins waren. Kiss war ihr Baby. Auch musikalisch war er unglaublich wichtig für uns. Neil produzierte unser Album DRESSED TO KILL. Er hatte die Idee, eine richtige Kiss-Hymne zu schreiben, die jede Nacht gespielt werden konnte und bei der jeder sofort wusste, dass das wir sind. Aus diesem Gedanken entstand letztlich ›Rock And Roll All Nite‹. Er war sehr viel mehr als nur ein Geschäftsmann. Übrigens hatte er sogar selbst mal einen Hit, als er im Musikgeschäft anfing. Er war eines dieser One Hit Wonder. Leider weiß ich nicht mehr, unter welchem Künstlernamen.
Gene Krupa
Wer mich wohl am meisten geprägt hat, ist Gene Krupa. Ich war noch ein kleiner Junge, als mein Vater eines Tages eine 78er-Schallplatte auflegte. Es lief ›Sing, Sing, Sing‹ von Benny Goodman. Da war es um mich geschehen. Ich war süchtig danach. Von diesem Tag an wusste ich, dass ich genau das für den Rest meines Lebens machen wollte. Ich wollte dieser Typ an den Stöcken sein. Ich wollte Schlagzeuger werden! Ich trommelte also auf allem herum, was ich finden konnte. Ich baute mir ein Schlagzeug aus den Töpfen und Pfannen meiner Mutter, die ich dabei verbeulte und verbog, bis ich irgendwann ein gebrauchtes Drum-Kit bekam. Krupa beeinflusst bis heute meinen Stil. Bevor ich zum Rock’n’Roll kam, spielte ich Jahre lang in Jazzbands. Das war mein Vorteil, denn die Mischung aus Rock und Krupa machte mich besonders. Charlie Watts von den Rolling Stones spielt ähnlich.
John 5
Er ist einer der grandiosesten und aufrichtigsten Menschen, die ich je im Business kennenlernen durfte. Unter uns: Ich habe so viele Blender und Dampfplauderer getroffen. John ist ein wirklich bodenständiger Mann, der die Musik und seine Gitarre liebt und, dem es nicht um Geld und Ruhm geht. Er ist so ein Schatz. Wir arbeiteten an ein Paar Demos und probten ein wenig. Mit der Zeit wurden wir wirklich die besten Freunde. Ich kann gar nicht glauben, wie fest diese Freundschaft wurde. Seitdem ich vom Krebs geheilt bin, engagiere ich mich viel für Stiftungen. Jedes Jahr spendet Johnny Geld. Neulich versteigerten wir eine Gitarre für einen guten Zweck und er ging los, um Autogramme zu organisieren. Er bekam sie alle: Rob Zombie, Ozzy Osbourne, Sebastian Bach und so viele weitere tolle Musiker. Damit bekamen wir 10.000 Dollar zusammen. Ich habe ein Paar neue Songs geschrieben und er wird bei einigen die Gitarre einspielen. Bei mindestens fünf Stück möchte er auf jeden Fall mitmachen.
Rush
Ich liebe diese Band und ich liebe die drei Jungs. Ich kenne sie seit mehr als 30 Jahren. Damals waren wir mit ihnen auf Tour. Ich war dabei, als Neil Peart zum ersten Mal bei ihnen spielte. Er war ja der zweite Drummer bei Rush. Vor jener ersten Show war er ziemlich nervös und meinte zu mir: „Oh Peter, hoffentlich bekomme ich das hin.“ Und er war natürlich brillant!
Wir wurden sehr, sehr gute Freunde. Ace, Gene und Paul nicht so sehr, aber ich fühlte mich Alex und Geddy bald sehr nahe. Neil zieht sich oft zurück. Wie man weiß, musste er viel durchmachen in seinem Leben. (Peart verlor 1998 seine Tochter durch einen Verkehrsunfall. Nur zehn Monate später starb seine Lebensgefährtin an Krebs. Anm. d. Red.) Er ist also eher ein Einzelgänger. Aber Geddy, Alex und ich waren total verrückte Kids. Wir waren richtige Störenfriede. Wann immer sie heute in der Stadt sind, besuchen meine Frau und ich die beiden. Dann packen sie die Bilder ihrer Enkel aus und ich zeige ihnen meine. Das ist dann fast schon wie ein Familientreffen.
Cher
Ich liebe sie. Cher ist ein Engel. Ich kann mich noch genau an die Zeit erinnern, als Gene und sie zusammenkamen. Chastity und Elijah, ihre Kinder, waren damals noch ganz klein. Trotzdem begleitete sie uns auf Tournee. Ich nahm die Kids mit auf mein Schlagzeugpodest und fuhr mit ihnen eine Runde rauf und runter. Sie war dann völlig am Ende mit ihren Nerven. Sie schrie immer nur: „Peter, du verrückter Hund! Pass‘ auf meine Kinder auf!“ Sie war so witzig und so echt – eine tolle Frau. Wir wurden gute Kumpanen. Ich denke oft an sie. Ich sollte sie mal wieder anrufen.
Paul McCartney
Als meine Tochter Jenilee geboren wurde, beschlossen meine damalige Frau und ich, Urlaub auf Barbados zu machen. An einem Tag ging ich Jet-Ski fahren. Leider war es eines dieser Geräte, die man stehend fährt. Naja, ich war ein echter Tollpatsch. Ich fiel herunter und wurde von dem Teil mitgeschliffen. Das nächste, woran ich mich erinnern kann, ist ein Typ, der mich an meinen langen Haaren packte, mich auf seinen Jet-Ski nahm und mich zurück an Land brachte. Langsam bekam ich den Sand aus meinen Augen und sah, dass es Paul war, der mich da gerettet hatte. Daneben saßen Linda und die Kinder. Sie bauten Sandburgen. Oh mein Gott, ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Paul meinte, das sei doch keine große Sache gewesen. Wir unterhielten uns ein wenig. Ich erzählte ihm, dass ich der Drummer von Kiss bin. Und so saßen wir da zusammen mehrere Stunden am Strand. Wer würde nicht mit Paul McCartney am Strand sitzen und über das Leben reden wollen? Das war ganz sicher einer der spektakulärsten Nachmittage meines Lebens.