Am Fuße der Burg liegt eine Perle von einem Festival…
Bereits vor drei Jahren schwärmte ein guter Bekannter bei einem kühlen Blonden im Schwimmbad von den sommerlichen Festivitäten auf Burg Clam und es wurde relativ schnell klar, dass man sich dieses Spektakel demnächst einmal aus der Nähe ansehen sollte. Als dann eines der Wochenend-Line-Ups dieses Jahres mit The Night Flight Orchestra, Ritchie Kotzen, Mother’s Finest, Foreigner und ZZ Top aufwartete, überlegte man nicht lang, sondern packte seinen Rucksack und fuhr zusammen mit drei weiteren Interessenten bei circa 32 Grad die drei Stunden von Regensburg Richtung Linz.
Staufrei vor Ort angekommen, gab es erst einmal eine kleine Privatführung über das wirklich schöne Festivalgelände: den mit Picknickdecken bespickten Hang hinauf zur mittelalterlichen Festung, die wunderschön über dem ganzen Event thront, durch den Aperol-bespritzten V.I.P. Bereich hinunter vor die Bühne, einmal durch das Backstage, wo aufgeheizte Künstler im dort angelegten Mini-Pool entspannen und schließlich in den Innenhof-Biergarten der wunderbaren Burgschenke: Erst einmal runterkommen, sich mit einem Spritzer abkühlen, einen belegten Kornspitz schnabulieren.
Von einem ruhigen Schattenplätzchen aus bemitleidet man dann klammheimlich The Night Flight Orchestra, denen die pralle Nachmittagssonne die Gesichter – und anders kann man es wirklich nicht sagen – erbarmungslos betoniert. Die Schweden schlagen sich wacker, aber wenn ich nur daran denke, mich in eines der pinken Satin-Stewardessen-Kostüme der Backgroundsängerinnen quälen zu müssen, falle ich vor Empathie fast in Ohnmacht. Als die Truppe danach jedoch quietschfidel mit Prosecco und Bier im Pool plantscht, ist der Bühnenschweiß schon wieder längst vergessen.
Etwas weniger vergnügt sieht man dafür Ritchie Kotzen kurz vor seinem Auftritt in jenem idyllischen Szenario auf und ab laufen wie ein Raubtier im Käfig, er wirkt nervös, auch der Veranstalter merkt knapp an: „Irgendwie ist er nicht gut drauf, glaub ich.“ Bei seiner Show spürt man davon jedoch kein bisschen. In schwarzer Leinen-Kluft performt dieser Mann in der flirrenden Hitze als gäbe es kein Morgen mehr. Obwohl er rein von den Naturgesetzen her vor lauter Schwitzen seine Gitarre nicht mehr halten können dürfte, soliert und singt der Frontmann mit so viel Virtuosität, dass es einem glatt ein wenig die Sprache verschlägt.
Auch den folgenden Mother’s Finest ist die Hitze noch nicht gnädiger gestimmt und trotzdem kommt die 71-jährige (!!!) Joyce Jean Kennedy in roten Latex-Schlaghosen, einem roten Spitzenoberteil und einer knallengen, ebenfalls roten Ledercorsage auf die Bühne, als wäre es die natürlichste Sache der Welt, im Rentenalter bei Suppentopftemperaturen höchst agil und mit kraftvoller Soul-Stimme vor einem 10.000er Publikum zu spielen. Während man selbst mit seinen 27 Jahren leicht überhitzt und fertig an einem schattigen Plätzchen am Hang liegt, notiert man sich geistig: Einfach nur bemerkenswert!
Nach einer tanzbaren Performance hält die Dame noch eine kleine Motivationsansprache und macht klar, dass jeder gleich viel wert ist und man sich von niemandem, absolut niemandem klein reden lassen soll. Dann entschwindet auch die legendäre „Baby Jean“ mit Konsorten von den Bühnenbrettern am Fuße der Burg Clam.
Nachdem man sich schließlich noch ein letztes Stück hausgemachten Marillenkuchen zu Gemüte geführt hatte (auch kulinarisch gesehen gab es wirklich gar nichts zu meckern), nahm man langsam seine letzte Standardpositionierung für den restlichen Abend ein. Punkt 20:00 Uhr kamen Foreigner zu ›Double Vision‹ auf die Bühne gestoben. Man hatte diese Knaben bereits im Vorprogramm von Aerosmiths ‚Aerovederci‘-Tour gesehen und aufgrund mangelnder Soundqualität irgendwie überhaupt nicht mehr als besonders toll auf dem Schirm. Dieses vorschnelle Urteil sollte sich binnen der 1,5 stündigen Show schleunigst ändern, denn das, was diese Hitmaschinen um Mick Jones an jenem Abend ablieferten, war einfach nur bravourös: Selten hat man bisher eine solche Leidenschaft, Professionalität und Spielfreude auf einer Bühne vereint gesehen.
Allen voran Sänger Kelly Hansen lief wirklich auf Hochtouren, interagierte mit dem Publikum, warf sich in die Menge, rannte von links nach rechts, von vorne nach hinten, sprang wie ein junger Grashüpfer und hielt dabei seine Stimme so perfekt im Zaum, dass man irgendwann nur noch Bauklötze staunen konnte. Die fulminante Show ließ das gesamte Gelände jubelnd zurück und gen Dämmerung wartete man schließlich auf die bärtige Hauptattraktion des Abends.
Diese zeigte sich zwar weitaus weniger – um es in Gerhard Polts Worten zu sagen – ambulanter als ihr Vorprogramm, jedoch steht nach wie vor eines fest: ZZ Top gehören wohl gerade wegen ihres 50 jährigen Bestehens zu den coolsten Hunden im Rockbusiness. Dusty und Billy kleideten die gleichen schwarzen, mit Lederkreuzen bestickten Sakkos, Gibbons trug dazu ganze drei Kopfbedeckungen übereinander, die Doc Martens, die unter seiner Anzughose herauslugten, wurden von lila Schnürsenkeln geziert. Mit einer nonchalanten Version von ›Got Me Under Pressure‹ ging die texanische Soiree los und genauso nonchalant mit einer nicht überraschenden, aber schön bluesigen Setlist (›Waitin‘ For The Bus‹, ›Jesus Left Chicago‹, ›Beer Drinkers And Hellraisers‹, ›My Head’s In Mississippi‹, ›I Gotsa Get Paid‹, ›Just Got Paid‹ etc.) weiter.
Wie er es eben so macht, streute Billy ein paar ‚Clam Castle‘ in die Songs ein, fragte das Publikum „Are you having a good time?“ und überzeugte ansonsten mit den klassischen, mit Dusty abgestimmten, minimalistischen und so wunderbar selbstironischen ZZ-Top-Moves, für die man diese Band einfach lieben muss. Die beiden Frontmänner hatten sichtlich Freude an ihrem Auftritt, sie wirkten wie zwei aufgeweckte Lausbuben in den Körpern alter, stylischer Männer, denen man einfach jeden Streich verzeihen muss. Sogar dem stoischen Frank Beard – der den ganzen Firlefanz seiner Kollegen nicht mitmacht und in uralter Jogginghose und Schlabbershirt hinter seinem Tiki-Drum-Set sitzt – kommen ein paar Schmunzler aus, wenn seine Kollegen vorne gerade wieder besonders viel Kokolores treiben.
Irgendwie hat man das Gefühl, ZZ Top werden mit jedem Jahr noch besser. Nach einem letzten ›Jailhouse Rock‹ verabschiedet sich die Lil‘ Ol‘ Band from Texas schließlich gegen 23:20 Uhr. Völlig zufrieden mit sich und seiner Umwelt stapft man in sich ruhend zum Ausgang, an der bunt beleuchteten Burg und den Büdchen vorbei hin zum Parkplatz und fragt sich, warum nicht alle Festivals so dermaßen entspannt ablaufen können wie der heutige Tag auf Burg Clam. (Danke Josef für den Tipp!)
Moin, also was sich ZZ Top in Hamburg geleistet haben, war unter aller Kanone! Um 21.05h kommen die Herren auf die Bühne, bei den ersten 4 Songs war der Sound so schlecht, da klingt heutzutage fast jeder hochwertige Bluetooth Lautsprecher besser!!!
Um 22.05h gab es dann eine kleine Pause, dann noch Jailhouse Rock und Schluß!
Das war leider eines der schlechtesten Konzerte die ich in den letzten Jahren gesehen habe!Thomas
Für einen Festival-Slot waren die 80 Minuten auf Burg Clam total okay, für eine Headliner-Show (habe auch schon davon gehört) ist das natürlich zu kurz…
Mit dieser Truppe ist mir das vor drei Jahren in Nürnberg schon passiert. Die sind so abgezockt, spielen maximal 1 1/4 Stunde und Ende. SOUND war auch Kacke
Stimmt leider! Genau so ist es in HH abgelaufen:-( Die Gruppe wird daher
umbenannt in „ZZ“:-( Das „Top“ wird ab sofort gestrichen, das hat sie nicht mehr verdient!
Hallo Frau Floßmann,
ich bin gerade heute auf Ihren Beitrag gestoßen und finde ihn super geschrieben.
Wir waren auch zum ersten Mal dort (kommen aus Würzburg) und werden sicher die Burg nochmals besuchen, mit oder ohne Festival.
Ich habe eine Frage bzw. Bitte: wie komme ich denn an Ihr Video?
A) weil es top ist und B) weil ich hier mit meiner Frau in der ersten Reihe, als Kelly diese abging so gut zu sehen bin. Habe ich eine Chance auf das Original nur zum privaten Gebrauch? Hätte es gerne als Erinnerung.
Viele liebe Grüße und ich freue mich auf eine Antwort.
Alexander Gräfe
Hallo Herr Gräfe,
erst einmal lieben Dank für die netten Worte. Wenn sie mir an [email protected] schreiben, dann schicke ich Ihnen das Video gerne per Mail zu.
LG, Jacqueline Floßmann
Treffend witzig formuliert
Gott sei Dank habe ich das Festival besucht. Würde mich über ähnliche Konzert Tipps freun
Moin,
ich habe ZZ-Top vor ca. 30 Jahren in Hamburg erlebt. Haben damals auch nur 1 15 MIN gespielt. Sehr schwach!!
Zu wenig fürs Geld
Nicht zu empfehlen!!
LG
War wirklich eine Hitzeschlacht mit vielen lässigen Gigs großer Rockröhren. Ein paar Bilder davon gibt’s hier: https://www.mostropolis.at/Reports/513/clam-live—zz-top,-foreigner,-mothers-finest-und-mehr