Sie durften. Denn Rock’n’Roll grundsätzlich und Punk im Besonderen sind ja gerade dazu auserwählt, mit Konventionen zu brechen – also auch mit jener, die besagt, dass Punk zwangsläufig einen politischen Standpunkt vertreten müsse. Den hatten die Ramones sehr wohl – man denke nur an den Song ›Bonzo Goes To Bitburg‹, geschrieben 1985, nachdem US-Präsident Ronald Reagan es für eine gute Idee gehalten hatte, gemeinsam mit Helmut Kohl einen rheinlandpfälzischen Soldatenfriedhof zu besuchen, auf dem auch Mitglieder der Waffen-SS begraben lagen.
Bis zu ihrem Ende im Jahr 1996 veröffentlichten die Ramones 13 Studioalben, drei Live-Mitschnitte, ebenso viele Best-of-Sammlungen und fast drei Dutzend Singles – posthum erschienen noch wesentlich mehr Konzertalben und Best-ofs. Mit Gold wurde in den USA jedoch nur die Kompilation RAMONES MANIA von 1988 ausgezeichnet. Kommerziell betrachtet waren die Ramones also bestenfalls zweite Liga, was ihrem Standing als Pioniere des Punk nicht wirklich gerecht wurde. Und bei den Mitgliedern nachweislich zu einiger Bitterkeit führte, als die Nachwuchs-Punks Green Day, nach eigenem Bekunden massiv von den Ramones inspiriert, Mitte der Neunziger zu weltweiten Megasellern aufstiegen.
ADIOS AMIGOS hieß 1995 das finale Studiowerk, nach einer anschließenden Lollapalooza Tournee im Sommer 1996 waren die Ramones Geschichte. Zu den tragischsten Aspekten zählt gewiss, dass drei der Gründungsmitglieder nicht mehr am Leben waren, als die Band 2011 den Grammy für das Lebenswerk erhielt: Joey starb 2001, Dee Dee folgte ein Jahr später, Johnny im Jahre 2004. Auch die Aufnahme in die „Rock And Roll Hall Of Fame“ hätte früher erfolgen müssen als 2002, und dass ein Jahr später in der New Yorker Bowery der „Joey Ramone Place“ eingeweiht wurde, war eine nette Geste, mehr aber auch nicht. Für Fans deutlich mehr Nährwert besitzt das Ramones-Museum in Berlin, 2005 eröffnet und weltweit das einzige seiner Art. Ansonsten bleibt: großartige Musik.