Grandioses Americana-Album des Singer-Storytellers
Man mag sich bei einem Songwriter wie Jason Isbell, der seit Mitte der 00er-Jahre solide im Geschäft ist, mal solo, mal mit seiner Band The 400 Unit, fragen: Kann dieser mit einem Grammy dekorierte Vollprofi noch für eine echte Überraschung sorgen? Und dann läuft ›Deathwish‹, der erste Song des neuen Albums WEATHERVANES – und man ist von den Socken. Isbell selbst hat im Vorfeld davor gewarnt, dass diese Lieder inhaltlich Grenzen ausloten, und dann fällt er hier direkt mit der Tür ins Haus: „Did you ever love a woman with a deathwish?/Something in her eyes like flippin’ off a light switch/Everybody dies but you’ve gotta have reason to carry on.“ Isbell singt diese Zeilen mit größtmöglicher Dringlichkeit, nicht wie ein Singer-Songwriter, der schon alles gesehen hat und nun routiniert darüber berichtet. Sondern wie jemand, dem das Schicksal seiner Protagonisten wirklich nahegeht. Isbell erzählt von Menschen, denen die Kraft fehlt. Von Paaren, die sich auseinandergelebt haben. Von den Ungerechtigkeiten dieser Welt. Und vom ›King Of Oklahoma‹, als der sich der Held des gleichnamigen Songs gefühlt hat. Wer die USA verstehen will, muss Jason Isbell hören – und diese Platte gehört zu seinen besten.
9 von 10 Punkten
Jason Isbell & The 400 Unit
WEATHERVANES
SOUTHEASTERN/THIRTY TIGERS/MEMBRAN