Jeff Beck empfiehlt ihre Musik. Allein das ist schon ein Qualitätskriterium. Doch Imelda May hat noch mehr drauf, wie ihr neues Album MAYHEM beweist. Auf der Platte, die hierzulande am 4. Februar erscheint, präsentiert sie nämlich eine bahnbrechende Mixtur aus Rockabilly, Blues, Country und Jazz.
Im Januar 2010 hat die Lady aus dem Süden von Dublin an der Seite von Jeff Beck das Publikum bei den Grammy Awards verzaubert. Ihre Version des – von Les Paul/Mary Ford geprägten – Jazz-Klassikers ›How High The Moon‹ jagte den Menschen im Auditorium einen Schauer über den Rücken. Wenig später traten die beiden zu einer Fortsetzung an. Sie spielten bei mehreren Les Paul-Tribute-Shows im exklusiven New Yorker Club „Iridian“, immer begleitet von frenetischem Jubel.
Doch der bisherige Karriereweg der Lady, die den Hüftschwung im engen Kleid perfektioniert hat und zudem mit engelsgleicher Blues-Stimme begeistert, war keineswegs geradlinig. Und Blumen hat darauf schon gar niemand ausgestreut, im Gegenteil. „Ich bin 36 Jahre alt“, setzt Imelda entspannt zu einem Monolog an, „also seit über 20 Jahren im Musikgeschäft. Auch wenn ich einige harte Lektionen hinter mir habe, bin ich doch froh, dass ich mein Handwerk von der Pike auf lernen konnte. Und zwar nicht durch Unterrichtsstunden, sondern Schritt für Schritt durch meinen eigenen Antrieb. Es ist vielleicht altmodisch, aber ich bin ein großer Freund davon, anderen Musikern bei ihrer Arbeit zuzusehen und dadurch Erfahrungen zu sammeln. Und natürlich war es auch wichtig, selbst rauszugehen und alles auszuprobieren. Denn wenn man einen Fehler macht, zieht man sofort die Konsequenzen daraus. Das passiert einem dann meist nicht noch einmal.“
Zumal Imelda May, zumindest in ihrer Kindheit, dazu auch kaum die Gelegenheit bekommen hätte. Denn sie lebte mit ihrer Familie in beengten Verhältnissen, teilte sich mit ihren Eltern und vier Geschwistern eine Zwei-Zimmer-Wohnung. „Es gab keine Möglichkeit, sich zurückzuziehen und in Ruhe zu üben oder einfach nur Musik zu hören. Wenn einer eine Platte auflegte, mussten alle mitziehen. Meine Mutter liebte Dean Martin, einer meiner Brüder dagegen war beinharter Elvis-Fan. Das hat mich geprägt. Ich erinnere mich noch gut an eine Kassette, auf der Songs von Gene Vincent, Eddie Cochran und Buddy Holly waren. Ich konnte gar nicht genug davon kriegen, war wie besessen von der Musik. Daran hat sich bis heute nichts geändert.“
Heute ist es diese Mischung aus natürlicher Coolness und brennender Leidenschaft für die Sache, die Imelda Mays Sound und Auftreten bestimmt. Mit 16 hatte sie ihren ersten Auftritt, ihr Schwager bat sie in einem Blues-Club zu sich und seiner Band auf die Bühne. Seither hat sie Feuer gefangen, ist nicht mehr zu bremsen. Zunächst ging sie jeden Sonntag zu Jam Sessions in Dublin, stieg bei diversen Bands ein und stellte schließlich ihre eigene zusammen, arbeitet z.B. eng mit Sänger Darrel Higham zusammen, was das Songwriting betrifft. Ihre Eigenkompositionen entstehen allesamt auf einer sechssaitigen Ukelele, Darrel fügt die Riffs dazu. Live dagegen enthält ihr Set viele Coverversionen, meist stammen sie aus den unerschöpflichen Schatztruhen von Capitol oder Chess.
Ähnlich bunt gemischt wie ihr Programm ist auch das Publikum: „Ich liebe das“, freut sich Imelda. „Denn Cliquenbildung kann ich nicht ausstehen. Nach meinen Shows spreche ich oft mit den Leuten, viele haben noch nie zuvor eine Rockabilly-Platte gehört. Doch nach unserem Gig gehen sie dann los und besorgen sich mehr Musik, Johnny Burnette zum Beispiel. Das ist eine große Ehre für uns!“