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Titelstory: Ghost – Mit eiserner Faust und Maske

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Titelstory: Ghost – Mit eiserner Faust und Maske

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Ob man das von ihm erdachte Konzept nun als aufgeblasene Taschentrickserei abtun oder als genial konstruierte Peripetie in der Musikhistorie preisen möchte, bleibt natürlich jedem selbst überlassen. Nicht zu leugnen ist jedenfalls seine performative und äußerst charmante Detailverliebtheit, die nicht zu­­letzt einer der Hauptgründe für den durchschlagenden Erfolg sein dürfte. Auf die gerne geforderte „Trueness“ in der Rockmusik pfiff Forge bereits während seiner Zeit bei den Death- Metallern von Repugnant, bei denen er als Sänger und Gitarrist unter dem Pseudonym Mary Goore waltete. Schon damals zementierte er mit nur einem einzigen Studioalbum namens EPITOME OF DARKNESS, das nach Auflösung der Band erschien, einen Meilenstein in das Genre und hatte sogar hier genug Rückgrat, um seine Pop-Herangehensweise auf einer Ex­­treme-Metal-Platte einzubinden. Mit folgenden Projekten wie Subvision und Crashdiet – dann schließlich mit Ghost – konnte er sich fortan ohne Einschränkungen noch stärker auf diese Vorliebe fokussieren.

Bereits der leichtfüßige Debütnachfolger INFESTISSUMAM von 2013 bescherte dem Projekt weltweite Anerkennung, zeitgleich mit dem Miniatur-Weltruhm musste sich die Gruppe jedoch einer erzwungenen Namensänderung unterziehen: Da sich bereits eine Band aus den Staaten den Titel auf die Fahnen ge­­schrieben hatte, sah sich die Formation gezwungen, für einige Zeit als Ghost B.C. aufzutreten. Seit jedoch klar ist, dass sich die Namensrechte der amerikanischen Ghost auf die USA be­­schränken, segeln die Schweden diesseits des Großen Teichs wieder ohne Kürzel. Obwohl INFESTISSUMAM als gelungene Weiterführung der eingeschlagenen Richtung bezeichnet werden kann, muss als Highlight desselben Jahres vor allem die später erschienene EP mit der Single ›If You Have Ghosts‹ genannt werden, eine von Dave Grohl produzierte Hommage an den Song von Roky Erickson und gleichzeitig gern willkommenes Feuer in der Gerüchteküche: Spielt da vielleicht ab und an ein Grohl unter der Maske mit? Man wird es vielleicht nie erfahren.

Nach einer ausgiebigen Festivaltour kehrte Forge 2015 ins Studio zurück und machte sich an sein verflixtes drittes Wert: MELIORA glänzte erneut durch kunstvoll düsteres Artwork des polnischen Künstlers Zbigniew M. Bielak und bescherte dem Obskuristen für den stampfenden Song ›Cirice‹ sogar einen Grammy in der Kategorie „Best Metal Performance“. Es folgte eine weitere EP mit dem Titel POPE­STAR sowie 2017 eine erste Live-Platte namens CEREMONY AND DEVOTION.

Beeindruckend an Ghost ist vor allem die ungebrochene Beständigkeit, von der das ästhetische Leitmotiv geprägt ist: Sowohl die bombastischen Performances als auch die Optik der Plattencover tragen seit Anbeginn einen unumstößlichen Wiedererkennungsstempel. Obwohl das vor latinisierten Stereotypen strotzende Konzept in der Rockmusik natürlich keine bahnbrechende Neuerung darstellt, wurde hier die gängige Erfolgsrezeptur von KISS und Co. personalisiert und erscheint als Hybrid aus opulenter Inszenierung, Jahrmarkts-Atmosphäre und Ohrwürmern. Mal abgesehen von den ewigen Kritikern, erobert Forge mit betörenden Teufelszungen und einem Händchen für die Synthese von Melodien und harten Riffs die Herzen waschechter Metalheads (James Hetfield von Metallica z.B. ist ein großer Fan) und rebellischer Teenagergirls zugleich. Denn Ghost ist mitnichten eine satanische Band, Ghost ist Kunst. Ein Stilmittel und Massenphänomen, das einen prominenten Platz an der Schnittstelle zwischen Kabarett, Theater und Rockmusik besetzt. Ghost ist alles. Und so will Forge dies auch kommuniziert wissen.

Das suggeriert zumindest die Liste der „Do’s & Dont’s“ im Umgang mit Tobias Forge und dem neuen Album PREQUELLE, die man vor dem Interview in Berlin zugeschickt bekommt. Ich gehe die Punkte nochmal durch, murmele „Ghost is not Kiss“ in der U-Bahn vor mich hin, während ein aufdringlicher Flötenspieler mein Nervenkostüm penetriert. Das Ziel ist das Soho House in Mitte, ein dermaßen hippes Etablissement, dass einem schon beim Hinweg prophylaktisch unangenehm zumute ist. Ich würde mich auf optischer Ebene nicht unbedingt als asozial beschreiben, als ich jedoch völlig zerzaust und durchnässt vom draußen wütenden Schneegestöber in die Lob­by des Hotels hetze, komme ich mir äußerst deplatziert vor. Als Forge dann die Tür seines Hotelzimmer öffnet, schwindet jegliche Last diesbezüglich von meinen Schultern.

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