Von 0 auf 100: Nine-Inch-Nails-Ableger auf der Überholspur.
Multitalent Richard Patrick hat sein Handwerk ordentlich gelernt: Von 1989 bis 1993 wirkte das zeitweilige Mitglied der späteren Supergroup Army Of Anyone als variabler Befehlsempfänger in Trent Reznors stetem Work-In-Progress-Projekt Nine Inch Nails mit. Eine ausgezeichnete Schule. Als Exzentriker Reznor sich auf die DOWNWARD SPIRAL begab, hob Patrick im Gespann mit Brian Liesegang seinen mittels identischer DNA im Reagenzglas gezüchteten Band-Klon Filter aus der Taufe. Auf dem 95er-Debüt SHORT BUS dominieren die gleichen wuchtig-wüsten Industrial-Akkorde wie es Patrick zuvor auf Reznors Erstling PRETTY HATE MACHINE sowie den EPs BROKEN und FIXED vorexerziert bekam. Zumal die erfolgreiche Singleauskopplung ›Hey Man, Nice Shot‹ auch noch für eine fiese Medienkontroverse sorgte: Ließ sich Patrick doch angeblich von US-Politiker Robert Budd Dwyers inspirieren, der seinen Selbstmord im Januar 1987 vor laufenden TV- inszeniert hatte. Letztendlich viel Lärm um nichts, aber die Werbetrommel lässt sich eben auch mit negativen Schlagzeilen rühren. Heftig verneint hat Patrick indes die Behauptung, der zynische Songtitel sei eine Anspielung auf Kurt Cobains Ableben. Doch der ehemalige Frontmann von Nirvana fand auf SHORT BUS seine ganz eigene Würdigung in den stilistisch frappant auf Cobains Kompositionstechnik getrimmten Akustikballaden ›Stuck In Here‹ und ›So Cool‹. Als Kopien erweisen sich weitere Stücke: Die zweite Singleauskopplung ›Dose‹ erinnert an die Stone Temple Pilots, in ›It’s Over‹ lassen Smashing Pumpkins grüßen. Als ein abermaliges Kopfnicken in Richtung Reznor lassen sich ›Take Another‹, ›Gerbil‹, ›Under‹ und ›Spent‹ interpretieren. Allein aufgrund seines ungemein hohen, wenn auch nicht unbedingt auf eigenem Mist gewachsenen Wiederkennungseffekts drückte SHORT BUS allein in den Vereinigten Staaten auf Anhieb über eine Millionen Exemplare ab. Was einmal mehr beweist: Besser gut geklaut, als schlecht selbst gemacht.