Am Freitag wurde endlich „The Dirt“ auf Neftlix ausgestrahlt. Seitdem spalten sich mal wieder die Meinungen: Die einen feiern das Biopic, viele Kritiker zerfetzen den Film in der Luft. Hier kommt unsere CLASSIC-ROCK-Rezension des Streifens…
„Wir waren ein total fertiger Sauhaufen“, so kommentiert frei übersetzt die Stimme aus dem Off, die zu Nikki-Sixx-Darsteller Douglas Booth gehört, gleich zu Beginn von „The Dirt“, als Drummer Tommy Lee als Party-Gag eine Blondine dazu bringt, vor versammelter, grölender Mannschaft einmal quer durch den Raum „abzuspritzen“.
War ja klar, mehr als einen leicht perversen Hedonismus-Trip braucht man nicht zu erwarten von der Verfilmung der Mutter aller Sex-, Drugs- und Rock’n’Roll-Biografien – hätte man meinen mögen und befürchten können. Doch auch wenn das hier ein aberwitziger Ritt auf der wilden Seite sein mag, lustig ist daran beileibe nicht alles. „The Dirt“, aufwändig und detailreich mit Musikinstrumenten, Kostümen, Bühnenbildern und Frisuren im Wandel der Zeit ausgestattet, rekonstruiert auch dank eines durchaus gelungenen Casts (Machine Gun Kelly als Tommy, Dude!) spürbar authentisch die Zeiten und Plätze, an die sich jeder Rock-Enthusiast zurücksehnt. Doch zeigt er auch, welches Ausmaß an (Selbst-)Zerstörug erreicht werden kann, wenn vier jungen Menschen der Status der Normalsterblichkeit abgenommen wird, diese sich absolut alles erlauben können, die physikalischen und biologischen Gesetzmäßigkeiten aber weiterhin für sie gelten. An diesem Punkt tut „The Dirt“ weh und vermag sogar nach den 105 Minuten Spieldauer weiter nachzuhallen.
Die Party gepachtet zu haben, bedeutet eben nicht, das Glück gepachtet zu haben. Drogentiefstpunkte, tödliche Schicksalsschläge, Verrat und der zwischenzeitige Niedergang der Band sind hier auf der Rückseite der Medaille von Schlägereien in Stöckelschuhen, Backstage-Fickereien und Ameisen schnupfenden, wie Pisse leckenden Ozzys eingraviert – alles im Film dargestellt. Die Erzählstruktur, in der die Protagonisten immer wieder auf meist süffisante Weise die vierte Wand durchbrechen, verleiht dem Film zusätzlichen Humor, Schmiss und auch Ehrlichkeit. Die Macher tappen trotz (oder Dank?) enger Mitwirkung der originalen Hauptfiguren nicht in die Falle etwaiger Vergangenheitsbeschönigungen. Sicher, ein etwas poliertes Happy End musste her und schon in der Buchvorlage ließen Nikki, Vince, Tommy und Mick (auch zu ihrem Nachteil) ja kaum Details aus. Doch auch in der perfekten Netflix-Blase nicht unter den Teppich zu kehren, dass beispielsweise einem gewissen Schlagzeuger auch mal die Faust gegenüber seiner Partnerin ausrutschte, zeugt zumindest von Aufrichtigkeit. Ein Punkt noch ist besonders positiv zu erwähnen: „The Dirt“ gelingt es, gerade die weniger beschriebenen Blätter in ein neues Licht zu rücken. Und so wird nach diesem Film kaum jemand daran vorbeikommen – obwohl optisch am schwächsten besetzt, dafür als Figur um so stärker gezeichnet – Mick Mars lieben zu müssen!
8/10
Ich fand „The Dirt“ ganz gut. Ein gelungenes Biopic mit Höhen und Tiefen. Hat auch dazu animiert sich die Musik von Mötley Crüe mal wieder zu Gemüte zu führen.
Der Film ist keine Heldenepos und daher echt gut.