Das Country-Stehaufmännchen zelebriert den Trucker-Sound der 70er
Charley Crockett hat eine erstaunliche Entwicklung genommen. Er war ganz unten, mit allen erdenklichen Zutaten. Er rappelte sich auf und er wuchs und wuchs. Heute bespielt der direkte Nachfahre von Wildwest-Legende Davy Crockett in den USA die größten Bühnen und gilt als einer der angesagtesten Country-Acts überhaupt. Kein Wunder, der schlaksige bärtige Kerl mit dem stechenden Blick ist vermutlich der unkonventionellste und vielleicht authentischste Künstler, den das Genre gerade zu bieten hat. Das zeigt sich auch auf seinem neuen, unter Live-Bedingungen in Austin aufgenommenen Album $10 COWBOY. Crockett erweist sich als genauer Beobachter des heutigen Way of Life, als Chronist des Landes und – das ist längst sein Markenzeichen – als rauchige, stets mit einem Halleffekt unterlegte Stimme der Loser und Abgehängten. Immer wieder geht es bei ihm ums Verlieren (›Hard Luck‹, ›Ain’t Done Losing‹, ›Good At Losing‹), um Einsamkeit (›Midnight Cowboy‹) und generell um die Unbill des irdischen Daseins (›Gettin’ Tired Again‹). Dennoch mag sich beim geneigten Hörer kein Stimmungstief einstellen. Im Gegenteil. Crockett gelingt es, seine roadtaugliche Poesie in melodieverliebte, herrlich nostalgische Country-Töne zu verpacken. Nie klang der Trucker-Country der 70er-Jahre hipper als bei ihm.
9 von 10 Punkten
Charley Crockett
$10 COWBOY
ON OF DAVY/THIRTY TIGERS/MEMBRAN