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Bruce Dickinson im Interview: No Wasted Years

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Bruce Dickinson im Interview: No Wasted Years

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In seinen späten Teenager-Jahren zog Dickinson nach London, augenscheinlich, um an der Universität Geschichte zu studieren, doch in Wirklichkeit, um eine Karriere als Musiker zu verfolgen. Nach ersten erfolglosen Gehversuchen, u.a. bei den Pub-Rockern Speed, die sich später in Shots umbenannten (das Highlight ihrer Laufbahn war ›Dracula‹, eine Hommage an den literarischen Vampir, die mehr mit „Liebe auf den ersten Biss“ als Bram Stoker zu tun hatte), wurde er schließlich Frontmann der NWOBHM-Band Samson. Dort firmierte er unter dem Künstlernamen Bruce Bruce und hatte einen eindrucksvollen Schnauzer.

Wenn du heute dem 20-jährigen Bruce in einem Pub begegnen würdest, was würdest du denken?
Oh Mann. Steck das blaue Zündpapier an! Ich weiß nicht, was mit dem Jungen los ist, aber irgendwas wird passieren. Entweder wird er das tun, was er sagt, dass er tun wird, oder er landet im Knast. Oder auf dem Grund eines Flusses.

Du machst kein Geheimnis daraus, dass du in deiner Zeit bei Samson gekifft hast, aber dann hast du aufgehört.
Wenn Samson nicht so ein Haufen Stoner gewesen wären, hätte ich es wohl überhaupt nicht getan. Ich dachte nur: Okay, ich habe Cannabis jetzt ausprobiert und sehe keinen Grund, weiterzumachen. Da passiert ja nichts. Das einzige, was passiert, ist dass die Leute immer lahmer werden und viel zu essen scheinen.

Standen Drogen jemals deinen Ambitionen im Weg?
Nein, nicht wirklich. Sie haben mir nur in kreativer Hinsicht einfach nichts gegeben. Beim ersten Mal denkt man, wow, was ist das denn? Aber mir wurde bald klar, dass ich denselben Effekt erzielen konnte, wenn ich einfach nur herumspazierte und meine Fantasie einsetzte. Ich dachte: Ich muss nichts rauchen, um mir das vorzustellen. Das war ein schönes Erwachen, aber wenn dein Bewusstsein dann mal wach ist, sagst du dir: Ich brauche das nicht mehr. Das ist so, wie wenn man richtig trippige Texte schreibt – und ich habe in meinem Leben noch nie einen LSD-Trip genommen. Ich habe noch nie einen Pilz gegessen oder irgendetwas auch nur im Entferntesten Halluzinogenes konsumiert. Alles kommt aus meiner eigenen Vorstellungskraft.

Du hast Kokain schon immer gemieden. Warum? Es muss ja frei verfügbar gewesen sein.
Ich habe Kokain nie verstanden. Speed schon, weil du darauf richtig schnell herumrennen konntest. Aber dann fühlt man sich ab­­solut furchtbar. Bei Koks werden die Leute high und sitzen dann rum, während stundenlang nur totaler Müll aus ihren Mündern kommt. Das ist bestenfalls langweilig, und schlimmstenfalls macht es Leute zu paranoiden Wracks. Ich habe also rein gar nichts für Kokain übrig. Und alles, was die Wahrnehmung unterdrückt, verstehe ich einfach nicht. Wieso sollte man sich vor der Realität verschließen wollen? Die Realität ist doch genial.

Du schreibst über den Erfolg von Iron Maiden in den 80ern, aber auch die harte Arbeit, die damit einher ging. Wie war damals das Verhältnis zwischen Vergnügen und Arbeit?
Die meiste Zeit waren wir so beschäftigt, dass es sich anfühlte wie der Tag des Murmeltiers: Die Hallen werden größer, die Hallen werden größer, die Hallen werden größer. Die Achterbahn fuhr nie bergab. Irgendwann buchte Rod [Smallwood, Manager] uns für neun Shows in Folge, einen freien Tag, acht Shows in Folge, einen freien Tag. Ich sagte: Du kannst Menschen nicht so verheizen, sie werden es nicht packen. Es war ein ständiger Streit mit Rod darüber, das Leben etwas bequemer für uns zu gestalten. Irgendwann, etwa nach der Hälfte einer Tour, sahen wir, wie unser Bühnentonmeister tatsächlich von der Bühne schlafwandelte. Da sagten wir: „Findest du nicht, dass es an der Zeit wäre, uns einen Tour­­bus zu besorgen?“ Und er stimmte widerwillig zu: „Ja, na gut.“

Aber habt ihr da überhaupt noch Spaß an der Sache gehabt?
Doch, natürlich. Das einzige, was man vermisst, ist irgendeine Art von Leben außerhalb davon. Da fing es an, sich wie ein Gefängnis anzufühlen, vor allem gegen Ende der POWERSLAVE-Tournee. Du denkst: Was ist der Sinn von alldem? Und es wird zu einem riesigen, sich im Kreis drehenden Diskurs.

Was ist der Sinn der Sache?
Der Sinn ist, es einfach zu tun. Nun, es gibt aber noch andere Sachen, die ich tun will …

Für Dickinson gab es definitiv noch andere Dinge, die er tun wollte. Im Buch hält er sich nicht zurück über seine wachsende Desillusionierung mit Iron Maiden in den frühen 90ern und seine folgende Solokarriere. Der Eindruck von dieser Zeit, zumindest am Anfang, ist der eines Mannes, der aus einem goldenen Käfig schreitet, nur um in den nächsten Jahren zu versuchen, seinem eigenen Schatten zu entkommen.

Wie war es, bei Iron Maiden auszusteigen?
Als wäre ich ein wildes Tier, das in einem Kä­­fig eingesperrt war. Plötzlich wirst du rausgelassen und es heißt: „So, bitte, verzieh dich in den Dschungel, ernähre dich selbst.“ Und du erwiderst: Aber ich weiß nicht mehr, wie das geht. Als ich ausstieg, dachten alle, ich wüsste, was ich da tat, aber das war nicht der Fall. Ich musste alles wieder aufbauen. Die meisten Bands können das tun, wenn sich niemand um sie schert, also machen sie all diese dummen Fehler. Doch ich musste das alles in der Öffentlichkeit tun. Rückblickend gelang mir das wohl gar nicht so schlecht, als ich endlich die richtige Perspektive hatte.

Wie meinst du das?
Da waren ein paar tolle Songs auf [Dickinsons erstem Album nach Maiden] BALLS TO PICASSO. Die große Achillesferse war, dass es keine eindeutige Richtung gab – und die will das Publikum nun mal. Doch selbst wenn ich mit einer eindeutigen Richtung angefangen hätte, denke ich nicht, dass die Leute bereit waren, zuzuhören. Sie waren immer noch zu schockiert davon, dass ich ausgestiegen war.

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