Als wäre er mit seiner Mammut-Band Nightwish nicht schon genug beschäftigt, hat Tuomas Holopainen nun das zweite Album mit seinem Nebenprojekt Auri veröffentlicht. Im ganz intimen Kreis, bestehend aus seiner Ehefrau Johanna Kurkela und Nightwish-Gefährten Troy Donockley, finden sich hier harmonische Klänge, die vor allem eins in den Fokus rücken: Geschichten. „Ich glaube, ich habe noch nie einen Song geschrieben, indem ich einfach nur Klavier gespielt und mich danach gefragt habe ‚Um was könnte es gehen?‘ Die Geschichte steht immer als Erstes“, erzählt der Pianist über seine Herangehensweise an den Schreibprozess.
Woher genau die ganzen Melodien in seinem Kopf kommen, das weiß er selbst nicht. „Ich kann dir nur Anhaltspunkte geben: ein Buch, das ich gelesen, eine Person, die ich getroffen oder eine Erfahrung, die ich gemacht habe. Das muss ich in Musik verwandeln. Aber wo die ganzen Melodien, Strukturen, Riffs und Texte herkommen, das weiß ich nicht. Das ist das Faszinierende an dem Prozess.“ Manche Tracks sind für ihn persönlicher als andere, aber geboren werden sie in der Regel alle aus Emotionen. „Man muss irgendeine Art von starkem Gefühl verspüren, egal, ob du wütend oder glücklich oder traurig bist – du musst es fühlen und bereit sein, es zu teilen.“.
Für II – THOSE WE DON’T SPEAK OF hat das Trio sich, genau wie beim Vorgänger, nicht persönlich getroffen, sondern Dateien hin- und her geschickt. Zwischen den Arbeitszimmern von Johanna und Tuomas war der Weg mit fünf Metern jedoch wesentlich kürzer als bis zu Gitarrist Troy im englischen North Yorkshire. Und obwohl dieser Ansatz für beide Alben gut funktioniert hat, wäre es für den Finnen künftig wünschenswert, einfach einmal eine Woche gemeinsam im Studio zu verbringen. Denn Auri haben noch nie in einem Raum zusammen geprobt – eine Tour stand für 2021 an, doch dann funkte die Pandemie dazwischen. Und da Nightwish Vorrang hat, wird es wohl noch eine Weile dauern, bis Auri auf den Bühnen Europas stehen können.
Bezüglich der Beschaffenheit dieser Bühnen gibt es allerdings schon konkrete Wünsche: „In unseren Träumen nennen wir das die ‚Kathedralen-und-Kirchen-Tour‘. Es wäre eine perfekte Umgebung für unsere Musik, weil wir sowieso keinen Regeln folgen. Als Kunstform ist das die ultimative Freiheit“. Damit lässt sich jedoch frühestens 2023 rechnen – ebenso wie mit einer dritten Platte, auch wenn Troy und Johanna schon fleißig daran schreiben. Und als wären zwei Bands noch nicht genug, arbeitet der Songwriter auch noch an einem Kurzgeschichten-Buch. „Es ist ein nicht endenwollendes Projekt. Ich habe ungefähr 2013 angefangen und bin einfach ein bisschen faul“, gibt Holopainen zu, „Ich habe auch schon einen Verleger, der die Geschichten sehr mag – allerdings brauche ich davon noch ungefähr 10 bis 15 mehr. Vielleicht wird es nächstes Jahr fertig, vielleicht erst in zehn Jahren, wer weiß.“
Für die Zukunft hat er nur noch zwei Wünsche auf seiner Bucketlist: bis ans Ende Auri- und Nightwish-Alben machen, sowie einen Film-Soundtrack schreiben. „Ich rede schon seit zwei Jahrzehnten davon. Es müsste ein Film sein, der interessant bleibt, mit einer guten Story. Das Genre ist mir eigentlich egal.“ Der Finne überlegt kurz und lacht: „Na ja, eine romantische Komödie kann ich mir eher weniger vorstellen, aber wer weiß“.