Aber was genau macht diesen Schritt eigentlich so groß? Der vermehrte Einfluss von Electronica? Die Tatsache, dass die Songs düsterer sind? „Vielleicht ist es auch nur ein Spiegel meiner derzeitigen Musikvorlieben“, überlegt der Sänger laut. „Größtenteils höre ich experimentelle, nicht kommerzielle, nicht erfolgreiche Musik ohne Gesang. Das mag sich ironisch anhören, wenn man bedenkt, dass ich Sänger bin, doch Electronica, Ambient und klassische Musik fesseln mich derzeit einfach am meisten.“ Vielleicht ist es aber auch nur die Tatsache, dass Anathema sich nicht selbst langweilen wollen. „Wieso auch, wo es doch noch so viel zu entdecken gibt?“, fragt er. Mit seiner Band hat er sich nie um irgendwelche Formeln oder Schubladen gekümmert, schon in den Anfängen auf Bauchgefühl und Herz gehört. „Eine Formel ist einfach nichts für uns. Bands wie AC/DC müssen natürlich um Himmels Willen bei ihrer Formel bleiben, wer würde denn auch etwas anderes wollen? Anathema waren aber nie eine solche Band.“
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Praktisch rund um die Uhr erschaffen Vincent und sein Bruder Danny Musik, der Großteil davon wird allerdings nie auf einem Anathema-Album landen. „Es gibt Ausnahmen wie beim Titeltrack, der sich fundamental vom Rest der Platte unterscheidet, doch selbst hier weisen die emotionale Ebene, die Gitarren und auch der Gesang unmissverständlich auf Anathema hin. Das zu erreichen, obwohl wir uns nie wiederholen, ist großartig und kann nur ohne jedwede Art von Formel garantiert werden.“ Bei Stücken wie ›Ariel‹ oder dem dreigeteilten ›The Lost Song‹, in dem Danny versucht, einen vergessenen Song zu rekonstruieren, verführen dazu, Anathema Perfektion zu attestieren. „Dem könnte ich nie zustimmen“, entgegnet Vincent sofort. „Man kann der Perfektion hinterherjagen, wird sie aber nie erreichen. Und warum? Weil sie gar nicht existiert.“ Ein perfektes Stück Musik kann es für ihn also nicht geben? „Lass es mich so sagen“, antwortet er nach einiger Überlegung. „Es ist möglich, dass es ein gewisses Stück gibt, dem nichts mehr hinzuzufügen ist. Das nicht besser wird, wenn man etwas ändern würde, das man vor allem aber gar nicht ändern will. Als wäre es zu kostbar, um es erneut zu berühren.“ Das, so der Engländer, war schon bei einigen Anathema-Songs der Fall, ist aber natürlich völlig subjektiv. „Ein Black-Metal-Fan hat gewiss auch andere Perfektionsstandards als ich“, lacht Vincent.
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