In den 70ern und 80ern begleitete er fast alle großen Rockbands dieses Planeten. Der Fotograf Robert Ellis saß mit Led Zeppelin in deren Privatflieger, war mit Queen und Thin Lizzy 1977 auf deren gemeinsamer USA-Tour und hat sogar Angus Youngs Hochzeitsfeier mitorganisiert. Mit AC/DC arbeitete der Londoner seit HIGHWAY TO HELL zusammen.
Was hat dich an der Musik so fasziniert, abgesehen davon, dass es kaum eine spannendere Zeit in der Rockgeschichte gab als Ende der 60er, Anfang der 70er?
Musik ist der Soundtrack meines Lebens. Als ich mit acht Jahren mit den Fotos anfing, war es natürlich nicht sofort so. Ich habe Fotos gemacht von allem, was mich und andere interessierte. Von Beginn an habe ich mich allerdings darauf verlassen, alles selbst machen zu können. Damals musste man beim Entwickeln sehr vorsichtig sein, um die Negative nicht zu beschädigen.
Du magst es also, dein eigener Boss zu sein?
Das ist nicht anders als bei einem Journalisten. Man braucht Menschen, die das haben wollen, was du machst. Es ist nicht die Frage, ob man fest angestellt ist oder nicht, es geht darum, etwas zu können, was andere wollen. Und ich sehe meine Arbeit auch immer als Dienstleistung für das Publikum. Ich mache meine Bilder für andere Menschen, um ihnen Freude zu bereiten.
Apropos: Erzähl doch noch ein wenig vom Lebensgefühl Ende der 60er. Wie war es damals?
London Ende der 60er war großartig! Man kann sich das heute gar nicht mehr vorstellen, aber es war eine Zeit, in der alles möglich war. Man hatte das Gefühl, frei zu sein und alles tun zu können, was man wollte. Man hat allerdings erst Mitte der 70er gemerkt, wie diese Gesellschaft sich veränderte. Langsam, aber sicher, Stück für Stück, wurden wieder die alten Regulierungen eingebaut. Dazu kam dann natürlich auch die Mechanisierung vieler Arbeitsabläufe, für die man deutlich weniger Menschenarbeit brauchte als vorher. Das hat sich in der Fotografie auch sehr deutlich bemerkbar gemacht. Jeder kann heutzutage ein Foto machen. Aber ein Foto kostet heute nichts mehr, es besitzt nur noch einen symbolischen Wert. Deshalb denken auch viele Magazine, ihre Seiten mit möglichst billigem Stoff füllen zu können. Dementsprechend sieht das Ganze dann aus.
Wann und wie hast du AC/DC kennengelernt?
An einem Samstag im Sommer 1979 im Wembley-Stadion in London, als sie The Who supporteten. Ich arbeitete damals mit den Who zusammen und kannte AC/DC nur von den Platten und vom Hörensagen. An diesem Nachmittag fielen mir die vielen AC/DC-Fahnen und -Banner auf, man konnte den Eindruck bekommen, AC/DC seien die Headliner. Kurz bevor die Band dran war, habe ich sie mir geschnappt, mich vorgestellt und Fotos auf der Bühne gemacht. Vom ersten Ton an, als Bon die Leute mit „How are you all doing?“ begrüßte, stand das ganze Stadion Kopf, besonders nachdem Angus auf die Bühne kam. So etwas hatte ich noch nie in meinem Leben gesehen, und ich hatte damals schon einiges mit Led Zeppelin, Deep Purple, den Who oder Black Sabbath erlebt. Obwohl das aktuelle Album HIGHWAY TO HELL noch kein Hit war, wollte ich mit der Band zusammen arbeiten; allerdings dauerte es einige Wochen, bis mich ihr damaliger Manager Peter Mensch kurz in seiner unnachahmlichen Art anrief und mich nach Newcastle bestellte.
Die Show dort musste leider abgesagt und verlegt werden, weil die Halle abgebrannt war, aber ich hatte Fotos gemacht und zeigte sie der Band im Hotel. Sie waren begeistert, und von da an gehörte ich zur Familie. Man muss dazu wissen, dass AC/DC schon immer ein etwas ungewöhnliches Verhältnis zur Presse hatten; sie waren nicht schüchtern, fühlten sich aber einfach nicht als Rock- oder Popstars. Die Chemie passte zwischen uns. Sie waren alle sehr interessiert an mir und meinem Job. Ich hatte von Anfang an alle Freiheiten der Welt, konnte mich immer frei bewegen. Das war sehr ungewöhnlich, denn sie hatten gerade mit dem Coverartwork von HIGHWAY TO HELL schlechte Erfahrungen gemacht. Eigentlich sollte es nämlich ein Live-Foto werden, auf dem jeder im Publikum wie ein kleiner Teufel aussah, eben so wie Angus auf dem letztendlich genommenen Cover. Aber das klappte nicht; deshalb waren sie sehr misstrauisch. Sie hatten nie wirklich Bock auf Sessions, aber ich konnte sie immer dazu bewegen, wie auch immer. Es machte mir dennoch Spaß, auch wenn ich nicht viel mit ihrem privaten Leben zu tun hatte; und das auch nicht wollte. Denn das gehört nicht zu diesem Job, finde ich.
War Bon Scott wirklich der charismatische Musiker, wie ihn alle Bekannten und Freunde im Nachhinein beschreiben?
Definitiv. Bon war ein Party-Animal, aber auch ein absoluter Profi, wenn es um die Band ging. Er konnte noch so drüber sein, kaum zwei Worte hintereinander sprechen, er hat seinen Job auf der Bühne immer super erledigt. Es war so, als würdest du ihn unter eine kalte Dusche stellen, wenn er auf die Bühne kam. Er hatte auch überall Frauen, bei jeder Gelegenheit, die man sich vorstellen kann, Hotels, Bushaltestellen, Bahnhöfe… Auf der anderen Seite suchte er auch etwas Festes. Ich habe meine Frau Stella oft mit zu den Konzerten genommen, und Bon hat sich oft mit uns beiden backstage unterhalten; er war fasziniert von der Vorstellung, eine solche Beziehung zu haben. Er sagte immer: „I don’t have nothing to call my own“, beschwerte sich aber nicht, sondern stellte es nur fest. Jeder, der Bon kannte, liebte ihn. Er wusste genau, wie er mit großen Massen umgehen musste, er war ein außergewöhnliches Individuum. Und alle im AC/DC-Umfeld kannten ihn sehr gut.
Hat denn niemand geahnt, dass so ein tragisches Unglück einmal passieren könnte, und wenn ja, warum war er an seinem letzten Abend ausgerechnet mit einem Fremden unterwegs?
Alle wussten, wie Bon war. Als die Platte immer erfolgreicher wurde und jeder davon überzeugt war, dass das nächste Album den ganz großen Durchbruch bringen würde, wurde auch Bon immer ekstatischer. Er hatte ständig sein Notizbuch dabei, machte sich Aufzeichnungen von irgendwelchen Ideen. Wenn er nicht Partys feierte, arbeitete er für sein Baby, die Band. Alle Fünf waren sehr eng miteinander befreundet. Aber es war auch nicht ungewöhnlich, dass er auf Partys allein ging. Die anderen hatten darauf keine Lust, versuchten aber, ihm eine Basis zu geben. Da gab es z.B. dieses japanische Mädchen, bei dem er zum Schluss wohnte…
Warst du überrascht von der Nachricht seines Todes?
Nicht wirklich, es war ein Unfall, den man bei seinem Lebensstil erwarten musste. Vor dem letzten AC/DC-Konzert in Southampton im Januar 1980, kurz vor ihrem letzten TV-Auftritt bei „Top Of The Tops“ Anfang Februar und auch noch vor der Hochzeit von Angus und Ellen, war Bon völlig von der Rolle. Er trug Klamotten, die ich noch nie an ihm gesehen hatte, redete wirres Zeug… Jeder wusste, dass man auf ihn aufpassen musste, aber die Band war es ja gewohnt. Er hat die ganze Fahrt zum Gig geschlafen, stolperte aus dem Bus, spielte aber eine Super-Show. So war Bon.
Nach dem Tod Bons warst du weiter am Ball, hast sogar die damaligen Kandidaten kennengelernt…
Ja, aber das muss dir die Band selbst erzählen. Es waren auf alle Fälle sehr komische Leute darunter. Als Brian dann ins Gespräch kam, wusste jeder, dass er der richtige Mann war. AC/DC funktionieren eben wie eine Familie, es kam ihnen mehr auf den Charakter des neuen Sängers an als auf alles andere. Ich war während der kompletten ersten Probe dabei, und es hörte sich vom ersten Ton an brillant an. Es klang immer noch wie AC/DC, bloß eben eine andere Version. An dem Tag passierte es auch zum einzigen Mal, dass sie sofort einer Session zustimmten. Ich denke, die Fotos vor dem Studio kennt jeder, der damals Musikpresse gelesen hat. Sie waren happy mit Brian. Und er konnte sein Glück nicht fassen. Für mich war es auch eine Überraschung, da er Bon überhaupt nicht ähnlich ist. Aber es gab da wohl eine besondere Chemie von Anfang an. Auch wenn er nicht der große Songwriter ist. Viele Ideen von BACK IN BLACK werden sie mit Sicherheit von Bon übernommen haben. Denn der Unterschied zu späteren Alben und Texten ist zu offensichtlich, es gab nie wieder diesen humorvollen Touch, der die Kids direkt angesprochen hat. In solchen Dingen war Bon einfach Klasse, und Brian hatte mit Sicherheit ein Problem damit; auch wenn er mich für diese Aussage wahrscheinlich umbringen wird. Die Gigs in Belgien Mitte 1980 waren seine Feuerprobe, die er mit Bravour meisterte. Sie hatten sich extra Belgien ausgesucht, weil das Publikum dort nicht so wild wie in Deutschland oder so chaotisch wie in England ist. Trotzdem musste der erste Gig dreimal in eine größere Halle verlegt werden, weil die Nachfrage so groß war. Statt vor 300, wie geplant, spielten sie dann vor 6000 Fans. Alle waren furchtbar nervös vorher, was ich von der Band nicht kannte. Zumal die Lichtanlage viel zu klein war. Aber diese Band war eine solche Offenbarung, was ihr gesamtes Auftreten angeht, musikalisch, businesstechnisch.
Bon Scott war AC/DC…
Er war ein echter Rock ’n‘ Roll Gott….so wie Phil Lynott … so wie Keith Moon …Freddie Mercury … – Lemmy … Phil ‚The Animal‘ Taylor … Fast Eddy Clark von Motorhead….. Diese Leute werden immer über allen anderen stehen….
und andere….. all diese Leute
Da kann ich nur zu stimmen. Aber… Ac/dc war auch immer Malcolm Young. Nur im Hintergrund für die Öffentlichkeit. Und Motörhead waren für mich immer Lemmy, Philty und Eddie. Nicht nur Lemmy alleine.