„Nach den Aufnahmen musste ich aus Budgetgründen sofort nach Hause fliegen und hatte keinen einzigen Song gehört. Mehrere Wochen später, als ich die erste Nummer hörte, war ich einfach nur überwältigt. BACK IN BLACK ist bis heute eine Naturgewalt“, erinnert sich Brian Johnson an die nervenaufreibende Zeit zurück, als er in die Fußstapfen einer Legende trat, um 1980 mit AC/DC auf den Bahamas die Platte aufzunehmen, die bis heute den Rekord des meistverkauften Rockalbums aller Zeiten hält. Zum 40-jährigen Jubiläum schaut CLASSIC ROCK ganz genau hin und beleuchtet jeden einzelnen Song von BACK IN BLACK in der Reihenfolge der Originalpressung. Hier die B-Seite.
›Back In Black‹
Der Song, der als erstes aufgenommen wurde. Der Opener der B-Seite. Der ultimative Tribut an Bon Scott und ein Statement, so simpel und durchschlagend, dass sich die Plattenfirma überzeugen und das schwarze Cover durchgehen ließ. Johnson wurde gebeten, einen passenden Text zu schreiben – und das hier war für Bon, also sollte er sich zusammenreißen. „I’ve got nine lives, cats eyes“ ist nun gewiss keine lyrische Meisterleistung, sondern eher „mumbo jumbo“, wie er selbst sagte. Doch in Kombination mit dem ebenso simplen wie genialen Riff, das viel Freiraum zur Entfaltung hat, und dem geraden Beat bleibt ›Back In Black‹ bis heute ein Meisterwerk. Irgendwie gefällt der Song jedem und ist trotzdem kein totgenudelter Radio-Rockhit.
›You Shook Me All Night Long‹
Damen, die Herren nächtelang „shooken“, sind in der Rockmusik keine seltene Textvorlage. Dass gerade eine Nummer mit solchem Inhalt bei den Sendern rauf und runter läuft, ist einerseits etwas seltsam, andererseits aber auch wieder weniger komisch als beispielsweise das stete Airplay von Zappas verstörendem ›Bobby Brown‹ im deutschen Radio. Zudem hat diese erste Singleauskopplung von BACK IN BLACK einfach einen auf Mainstream-Erfolg zugeschnittenen Refrain. Das ursprüngliche Video zeigt die Band live auf der Bühne, während der zweite Clip, der 1987 im Zuge von WHO MADE WHO aufgenommen wurde, nicht mit knapp bekleideten Frauen geizt, die wahlweise auf elektrischen Bullen oder Spinningrädern reiten. Kollege Malcolm Dome behauptet felsenfest, Zeilen wie „She told me to come but I was already there“ schon früher von Bon Scott gezeigt bekommen zu haben. Auch Silver Smith, Bons Ex, ist überzeugt, dass Fragmente bereits 1976 entstanden waren. Apropos Text: Produzent Mutt Lange forderte weniger Wörter für die Lyrics, doch die Young-Brüder weigerten sich. „Das klang wie ein Folk-Rock-Song“, meinte Angus später pikiert.
›Have A Drink On Me‹
Wenn bei einigen Nummern zuvor schon spekuliert wurde, dass die Texte von Bon stammten, so sind sich bei ›Have A Drink On Me‹ die meisten Experten, Outsider und Insider einig, dass hier eindeutig Scott’sche Lyrik verhandelt wird. Nicht zuletzt die Alkohol- bejahende Attitüde untermauert diese Theorie mit einem überzeugenden Argument. Johnson und AC/DC hingegen behaupten, den Song zwar bereits als Demo mit Scott an den Drums aufgenommen zu haben, die Lyrics jedoch später in Hinblick auf Bons Trinkfestigkeit verfasst zu haben – sozusagen als respektvolles Zuprosten in Musikform. Auch wenn ihn diese am Ende das Leben gekostet hat. Geschmacklos mögen das manche nennen, doch echte Accadacca-Liebhaber wissen, dass es Bon wohl genauso gewollt hätte.
›Shake A Leg‹
Ganz geklärt ist es zwar nicht, aber aufgrund diverser Hinweise kann man darauf schließen, dass Johnson hier nicht zum flippigen Tanzbeinschwingen auffordert, sondern eher die andere Bedeutung von „shake a leg“ gemeint ist, nämlich so viel wie: Beeil dich, zack zack, auf geht’s! „They tell me what they think but they stink and I really don’t care“. Hier handelt es sich um einen echten Rebellen-Song. Harte Riffs und hart gemeinte Lyrics machen klar, dass sich ein wahrer Rock’n’Roller von nichts und niemandem etwas vorschreiben lässt. Und ja, wo ein Rebell, da natürlich auch sexuelle Sehnsucht. Und schwere Maschinen. Deswegen kommt auch dieser Track nicht ohne einen kleinen Hinweis aus: „Magazines, wet dreams, dirty women on machines for me“.
›Rock’n’Roll Ain’t Noise Pollution‹
Zäh und langsam schraubt sich das Anfangsriff aus dem Hintergrund nach vorne. Ein letzter hörbarer Zug an der Zigarette und Johnson beginnt seine Südstaaten Straßenpredigt – relativ spontan aus der Hüfte geschossen, wie er später zu Protokoll gab. ›Rock’n’Roll Ain’t Noise Pollution‹ ist der knochentrockene und ultimative Lobgesang auf diese paar Akkorde, die für Fans rund um den Erdball die Welt bedeuten. Hymnen dieser Couleur gibt es viele, doch wenn AC/DC eines über die Jahre hinweg perfektioniert hatten und haben, dann ist es die geniale Interpretation und Akzentuierung simpel wirkender Strukturen. „It will always be with us, it’s never gonna die, never gonna die“ – so einfach, so wahr. Die Leute, die deswegen behaupten, AC/DC klängen immer gleich, haben nichts verstanden. Diese Band ist die Essenz. Das Filtrat. Das, was übrig bleibt, wenn man alles Unnötige abstreift. AC/DC ist gleich Rock’n’Roll. Amen.