The Shaggs
PHILOSOPHY OF THE WORLD (1969)
Wir sehen: Drei junge Mädchen in eigenartigen Klamotten. Ohne Zweifel, das Artwork dieser LP ist ziemlich schräg. Aber ganz ehrlich: Die Musik auf dem Debütalbum dieser drei amerikanischen Schwestern ist noch viel schräger. Und wie es überhaupt dazu kam, ist wohl am schrägsten: Austin Wiggin aus Fremont, New Hampshire, glaubte tatsächlich, seine Mutter habe hellseherische Fähigkeiten. Sie hatte einst prophezeit, seine Töchter würden große Popstars werden. Als die Zeit gekommen schien, nahm Austin, beseelt von Mamas Weissagung, Dorothy „Dot“, (Gesang/Lead-Gitarre), Betty (Gesang/Rhythmusgitarre) und Helen (Schlagzeug) tatsächlich von der Schule, spendierte Instrumente sowie Musikunterricht und finanzierte diese Plattenaufnahme.
Ganz klar: Man muss The Shaggs mal gehört haben. Die verstimmten Gitarren, die trivialen Texte und nicht zuletzt diese Schlagzeugerin, die grundsätzlich einen anderen Song zu spielen scheint als ihre Schwestern. Das nannten manche Witzbolde „outsider music“, was gemein ist, denn Dot, Betty und Helen waren ja nicht – wie drückt man das jetzt korrekt aus? – irgendwie zurückgeblieben, sondern einfach nur definitiv keine Musikerinnen. Und in einer Zwangslage. „Papa befahl, wir gehorchten“, wie Dot Wiggin in einem späteren Interview zu bedenken gab. Frank Zappa liebte dieses Album, später entdeckten es die Punks und erklärten es zum Kult. Der „Rolling Stone“ nannte es das „vermutlich schlechteste Album, das je aufgenommen wurde“, und erklärte in einem anderen Artikel, The Shaggs klängen wie „lobotomisierte Mitglieder der Trapp-Familie“. Auch nicht nett. Aber es gibt ein Happy End: The Shaggs traten 1999, zum 30. Jubiläum, in New York auf, Dot Wiggin veröffentlichte 2013 ein Soloalbum. Als wahre Erfinderinnen des DIY-Punk sind The Shaggs längst rehabilitiert.