Es ist wohl eine der großen Fragen im Musikjournalismus der zweiten Dekade des 21. Jahrhunderts: Wie kann man eine Retro-Rock-Veröffentlichung möglichst objektiv bewerten? Auf der einen Seite sind viele Bands (in diesem Fall die britischen Thirteen Stars) handwerklich talentiert. Dabei blitzt bei jedem Song die Begeisterung für die Helden der 60er und 70er förmlich aus den Boxen. Damit einhergehend ist eine akribische Analyse der Protagonisten dieser Epoche – sei es in Sachen Spieltechnik, Songwriting, Produktion, Look und Artwork. Es wird also mit Stereotypen kokettiert, die wir alle kennen und lieben. Hier liegt allerdings auch der Knackpunkt, denn wo früher Kreativität regierte, wird heutzutage gerne in alt bewährten Gefilden komponiert. THE WHITE RAVEN ist in diesem Kontext ein weiteres Paradebeispiel für den vorherrschenden Regelfall, denn gleich während des Openers ›Beautifully Numb‹ bekommt der Hörer einen Track á la ›Tumbling Dice‹ aus dem Hause Rolling Stones serviert. Der Rest des Albums atmet hingegen hauptsächlich den Geist von Free, Thin Lizzy und den kraftvolleren Beatles. Während der Spielzeit drängt sich somit eine weitere Frage auf: Wie klängen Thirteen Stars, wenn sie die Trademarks legendärer Künstler ad acta legen und eigenständig komponieren und musizieren würden?
Thirteen Stars
THE WHITE RAVEN
OFF YER ROCKA/CARGO
6/10