Nachdem Accept mit BLOOD OF THE NATIONS der große Wurf gelang und das erfolgreichste Album in der Bandhistorie abgeliefert wurde, sind die Erwartungen zum Nachfolger STALINGRAD entsprechend hoch. Heavy Metal-Urgestein Wolf Hoffmann gewährt Classic Rock einen Einblick in den Schlachtplan.
Die Herren aus Solingen befinden sich seit dem besagten Vorgängeropus auf einem wahren Höhenflug. Abschiedsgedanken vom Musikgeschäft, wie es die Kollegen von den Scorpions zelebrieren, sind ihnen vollkommen fremd: „Seit dem einschlagenden Erfolg von BLOOD OF THE NATIONS erleben wir unseren zweiten Frühling, warum sollten wir also gerade jetzt das Handtuch werfen? Natürlich ist dies alles mit Stress verbunden. Die zwei Jahre auf Tour, bei der wir den kompletten Erdball beackert haben, sind nicht spurlos an uns vorbeigegangen, aber dank der Reaktionen unserer alten und vor allem neuen Fans nehmen wir diese Strapazen gern in Kauf. Der Hunger nach diesen Erlebnissen ist noch lange nicht gestillt, und deshalb sitzen wir bald wieder im Bus, um STALINGRAD auch live zu präsentieren.“
Eine kleine Kampfansage an die Konkurrenz, die mittels einer erneut brillanten Scheibe felsenfest untermauert wird. Schon allein der Titel ist martialisch und lässt Großes vermuten, wobei man als Konsument schnell in die Irre geleitet wird und dieses Werk als Konzeptalbum ansehen kann. Dazu Wolf: „Anfangs hatten wir die Idee, die Songs komplett unter das Banner des Russlandfeldzugs zu stellen, was wir aber relativ schnell wieder verwarfen. Es gibt Stücke, die sich mit der Kriegsthematik beschäftigen. Im Ganzen betrachtet überwiegen jedoch die für Heavy Metal typischen Klischees. In den, nennen wir es mal militärisch geprägten Liedern, zeigen wir auf unsere eigene Weise, welche Schrecken beziehungsweise welches Leid Auseinandersetzungen mit Waffengewalt für die Menschen bedeuten. Eine Verherrlichung von solchen Ereignissen liegt uns absolut fern – selbst der Titelsong ist keine historische Berichterstattung, sondern eine rein fiktive Geschichte von zwei verfeindeten Soldaten, die sich letztendlich die Hand reichen anstatt sich gegenseitig zu töten.“
Eine Antikriegsbotschaft, die Accept seit jeher verbreiten, auch wenn in der Vergangenheit Missverständnisse auftraten: In Frankreich kam die Gruppe Anfang der 80er aufgrund des ›Fast As A Shark‹-Intros zu dem lächerlichen Ruf einer Band mit nationalsozialistischem Hintergrund. In der Hoffnung, dass die Ketzer von damals mittlerweile des Lesens mächtig sind, beschließen wir dieses dunkle Kapitel der Accept-Geschichte – zurück zu STALINGRAD.
Getreu dem Motto „Never change a winning team“ holte man sich erneut wieder Andy Sneap als Produzenten ins Boot – ein geschickter Schachzug, was der Songqualität anzumerken ist, wobei der Druck für Werk Nummer zwei nach der Reformierung enorm hoch war: „BLOOD OF THE NATIONS hat die Messlatte für uns sehr hoch gelegt, die es jetzt zu übertreffen gilt. Eine Pause zwischen der Tournee und der nächsten Scheibe kam für uns nicht in Frage. Wir wollten schnell neues, aber qualitativ ebenso hochwertiges Material zügig hinterherschicken. Wir wollten und wollen mit diesem Werk in die gleiche Kerbe schlagen und diese sogar noch vertiefen. Dazu haben wir uns auch auf keine Experimente hinsichtlich des Komponierens eingelassen: Die Stücke stammen wieder komplett aus Peters Baltes’ und meiner Feder, wo-hingegen Mark alleine die textliche Gestaltung übernommen hat.“ Ob dieses Vorhaben gelingt, entscheidet letztendlich der Konsument, festgehalten werden muss jedoch, dass Accept mit STALINGRAD auf dem besten Weg sind, eine weitere Sprosse auf der Karriereleiter emporzuklettern.