Zwischen THICK AS A BRICK und SONGS FROM THE WOOD:
Der Jethro-Tull-Boss gibt sich wieder klassisch-folkig.
Als Ian Anderson 1972 sein fiktives Poesie-Wunderkind Gerald Bostock in den Mittelpunkt des Jethro-Tull-Meilensteins THICK AS A BRICK stellte, funktionierte die Rockmusik noch ein wenig anders. Damals wehte von England eine frische Brise aus Folk-beeinflusstem Prog Rock nach Europa herüber, der vor allem von Wishbone Ash und eben Jethro Tull zur Perfektion geführt wurde. Heute, 42 Jahre später, haben sich Anderson, Jethro Tull und ihre Musik nicht wesentlich verändert: Angetrieben von wunderbaren Akustik- und E-Gitarren, von Querflöte und dieser geradezu unverschämt schamanischen Stimme ihres Chefdenkers, wird Bostocks Schicksal weiter verfolgt und in ein zeitgemäßes Umfeld gestellt. Die Musik dagegen bleibt herrlich archaisch, klingt auf angenehme Weise in den 70ern verhaftet und gewinnt ihren besonderen Reiz daraus, dass Anderson Zugeständnisse an den Zeitgeist bewusst vermeidet. Darüber hinaus hat HOMO ERRATICUS eine ähnlich poetische Ausrichtung wie das 1977er-Tull-Album SONGS FROM THE WOOD und zugleich eine vergleichbare kompositorische Dichte. Weshalb die Scheibe allerdings als Anderson-Soloalbum und nicht als Tull-Werk deklariert wird, bleibt unklar.