Erneute liebevolle Milieu-Charakterisierung.
Der Skandal muss diesmal ausbleiben. Kein Gott wird übermäßig gelästert, keine Interna der Musikindustrie verbraten in „Music From Big Pink“. John Niven, aufgewachsen in der Region Edinburgh, wurde hierzulande schlagartig berühmt mit „Kill Your Friends“, jener Fiktion, die Nivens Arbeitserfahrung als Manager in der Musikindustrie zu einem Abgesang auf diesen Berufsstand nutzen konnte. „Music From Big Pink“, passgenau aus dem Englischen übersetzt von Stephan Glietsch, erschien in Großbritannien jedoch schon vor „Kill Your Friends“ und den ebenso erfolgreichen Texten „Coma“ und „Gott bewahre“.
Die Geschichten mögen von denkbar unterschiedlichen Ausgangspunkten abheben. Doch eines sind Niven-Romane immer: liebevolle Milieu-Charakterisierungen. „Music From Big Pink“ macht sich wie „Kill Your Friends“ das Wissen der Popgeschichte zu eigen. Denn Niven erzählt darin die Geschichte eines Dealers, der im Jahr 1966 von New York aus nach Woodstock zieht und dort ab und an Dylan trifft. Vor allem aber hängt Greg mit einer Bande Looser rum, Muckern, die sich hier mit ein paar Studiosessions ihr Hasch verdienen und da mit einer Tour ihr Koks. Allmählich aber entwickeln Gregs Freunde Ehrgeiz, und als das erste Album ihres endgültigen Pseudonyms The Band erscheint, befindet sich Greg mitten im Rock-Aufbruch der 1960er-Jahre. Mühelos webt der Autor real existierende Typen wie Lou Reed, Bob Neuwirth und Andy Warhol in seine Fiktion ein und natürlich The Band. Stimmungsvoll schreibt Niven, und vor allem: süffig.